"LE VILLI" - 15. Mai 2006

Einziges Highlight des zweiten Teils war Krassimira STOYANOVA. Ihr gelang es Annas Wesen und deren Liebesglück bzw. -leid jenseits der Regieideen Gestalt zu geben. Ihr Sopran geriet zwar in einigen Momenten noch an seine Grenzen, besitzt aber eine klaren Schmelz und Individualität. Da blitzte immer wieder eine Nedda auf, und man wurde neugierig darauf, die Sängerin in anderen Partien zu hören.

Alberto MASTROMARINO wirkte als Guglielmo seltsam fern vom Bühnengeschehen. Er sang seine Partie anfangs solide, hatte dann aber in seiner großen Szene Schwierigkeiten, die Linie zu halten, und verschenkte so leider viel an Profilierungsmöglichkeit.

Am meisten bejubelt wurde an diesem Abend José CURA - wofür blieb allerdings offen, denn seine Leistung war enttäuschend, Rollengestaltung und Gestik nur auf Effekt gemacht. Seine Stimme schlägt nur unter großen Druck an. Zu leisen Tönen war er also nicht fähig. Ein Kratzen signalisierte, daß in den hohen Lagen etwas im Argen lag. Dafür hörte man während des im Dauerforte gesungenen Arie im 2. Akt einige höchst überflüssige Schluchzer. Was Anna und Roberto verband bzw. später trennte, mußte man raten.

Die Inszenierung trug da auch nicht zum Verständnis bei. Es handelte sich hierbei vielmehr um ein weiteres Beispiel dafür, daß eine merkwürdige Deutung einer eigentlich deutlichen Handlung durch handwerkliches Unvermögen viel Verwirrung stiftet.

Karoline GRUBER, die sich im Programmheftinterview mit einer Reihe bekannter Namen schmückt, sieht in Puccinis Märchen über eine sterbende Liebe und die tödliche Bestrafung des untreuen Geliebten, die Geschichte über die Bindung der Frau an Haus und Herd per sé.

Das Ganze ist dabei mit seinen quietschbunten Kostümen (für den Chor) und zuerst auch Einrichtungsgegenständen (Ausstattung: Johan ENGELS) so schlecht und auf Effekt gemacht, daß man wenig Lust verspürte, sich mit der Idee auseinanderzusetzen.

Ein höchst unbefriedigendes Erlebnis, das nur dadurch aufgewertet wurde, daß neben einer einwandfreien Leistung seitens des Soprans erleben durfte, wie das Orchester der Wiener Staatsoper an einem guten Abend Puccinis Musik gekonnt zum Klingen bringt. AHS