Zum
Mozartjahr war es interessant zu sehen, was die Volksoper dazu beitragen
konnte. "Die Zauberflöte" bot eine gute Gelegenheit, zumal Daniel Inbal,
Assistent des Chefdirigenten Leopold Hager, am Pult angekündigt war. Helmuth
LOHNER - berühmt-berüchtigter Frosch in der "Fledermaus" der achtziger
Jahre - zeichnete für die Inszenierung, und es war zu befürchten, daß
alles outriert sein könnte. Überraschenderweise war die Inszenierung sehr
geschlossen und diskret. Ganz auf den Weisheitsaspekt des Werks zugeschnitten,
im magischen, geschickt verwandelbaren Bühnenbild von Johan ENGELS und
den schönen Kostümen von Marie-Jeanne LECCA, mit einer wirklichen riesigen
Schlange zu Beginn und surrealistischen "wilden Tiere", kam die Aufführung
dem Ideal des Singspiels und der Aufklärung nahe.
Das
Priester-Konklave in einem Observatorium abzuhalten, mit Sarastro an einem
riesigen Fernrohr, ist eine blendende Idee. Eine der sich schließenden
Wände bei der Wasser- und Feuerprobe blieb zwar stecken, aber so etwas
passiert. Die Projektion von Paminas Bild zu Tamino Bildnis-Arie war nicht
notwendig. Der Auftritt der Königin der Nacht, die, nur weil sie "Oh zitt're
nicht" singt, zur Parkinson-Kranken gemacht wurde, ist eine etwas kindische
Interpretation, abgesehen davon, daß sich das ja auf Tamino bezieht. Friedrich
ROM hatte ein geschicktes Lichtdesign geschaffen, das durch Projektionen
auf Zwischenvorhänge magische Verwandlungen schuf.
Überraschenderweise
sagte Inbal ab, und Elisabeth ATTL kam wieder zum Zug. Die musikalisch
schwierige und komplexe Oper scheint der jungen Dirigentin keinerlei Schwierigkeiten
zu bereiten. Sie musizierte mit hörbarer Liebe zu dem Werk in perfektem
Mozart-Stil eine klare, transparente Interpretation und setzte die richtigen
musikalischen Akzenten. Das oft geschmähte ORCHESTER DER VOLKSOPER spielte
tadellos, mit Grazie und Ernst zur Sache. Der 1. Auftritt der Königin
der Nacht war ebenso dramatisch aufregend wie Sarastros Arien und die
Priesterchöre würdig und Papagenos Lieder volkstümlich waren. Den Namen
der jungen Dirigentin sollten sich Operndirektoren größerer Häuser merken!
Die PRIESTERCHÖRE wurden von Thomas BÖTTCHER eindrucksvoll geleitet.
Die
jungen Sänger waren der Herausforderung der philosophischsten Oper Mozarts
durchwegs gewachsen. Der Sarastro von Kaiser NKOSI war würdevoll und strahlte
mit seinem warmen, gut geführten Baß Autorität und Verständnis aus. Mathias
KLINK war ein stimmkräftiger und prächtig singender Tamino, der auch ausgezeichnet
spielte. Lars WOLDT war ein recht fideler Sprecher, der sich mit seinem
1. Priester Christian DRESCHER gut verstand und das Duett "Bewahrtet Euch
vor Weibertücken" recht vergnügt sang.
Als
Königin der Nacht war Ekaterina LEKHINA der halsbrecherischen Rolle völlig
gewachsen. JenniferO'LOUGHLIN war Pamina, die der Feenprinzessin überzeugende
Innigkeit verlieh. Das Duett mit Papageno war rührend und intensiv gesungen.
Zumal Daniel SCHMUTZHARD ein Papageno war, der nicht die Rolle verblödelt,
mit einer prachtvollen Stimme, die einen zukünftigen Kavaliersbariton
ankündigt. Daniela FALLY als Papagena war ebenfalls diskret und nicht
geil, wie man es bisweilen erlebt.
Ein
stattlicher Monostatos war Wolfgang GRATSCHMAIER, überdurchschnittlich
stimmgewaltig für die Rolle des feigen Bösewichts. Daniela DOTT, Andrea
MARONN und Andrea BÖNIG in schönen Kleidern waren die drei Damen. Eugene
AMESMANN und Sorin COLIBAN waren die beiden Geharnischten und fungierten
als Eckpfeiler der Schiebewände in ein paar Meter Höhe. Die Drei Knaben
waren hübsch singende WIENER SÄNGERKNABEN, die als Straßenbuben verkleidet
(einer mit Teddybär!), ein amüsantes Komplement boten.
Die
Volksoper hat sichtlich ein Ensemble ausgezeichneter junger Sänger. Viele
werden sicher demnächst abgeworben werden. Diese Aufführung der "Zauberflöte"
war eine der geschlossensten und schönsten, die ich gesehen habe. Das
großteils junge Publikum spendete begeisterten Beifall. wig.
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