Die
Volksoper hat es sich ja zum Ziel gesetzt, Werke auf den Spielplan zu
bringen, die lange Zeit in Vergessenheit geraten waren. So kam als letzte
Opernpremiere der Saison der "Evangelimann" auf das Programm. Das Werk
hatte, als es 1895 uraufgeführt wurde, einen großen Erfolg. Die rührselige
Geschichte eines zu Unrecht Verurteilten, Verleumdeten, der zum Schluß
dem Verursacher seines persönliches Unglück, seinem Bruder verzeiht, lebt
von zwei Melodien, dem Wunschkonzert Dauerbrenner "Selig sind, die Verfolgung
leiden" und der Arie "Oh selige Jugendtage" der Magdalena. Dazwischen
plätschert es so dahin. Die Geschichte ist ein Rührstück und könnte im
Aufbau von Rosamunde Pilcher stammen.
Die
Inszenierung von Ernst KÖPPLINGER versucht zwar, sich davon zu entfernen
und möglichst realistisch zu sein, aber es kann nicht ganz gelingen. Eine
Restsüße bleibt. Die gesangliche Seite war hingegen qualitativ sehr gut,
wenn auch nicht alle Stimmen meinem Ohr schmeichelten.
Der
Evangelimann/Mathias wurde von einem geübten Wagnertenor, Jürgen MÜLLER,
gesungen, es fehlt ihm nicht Kraft, aber Schmelz (viele seiner Vorgänger
in dieser Rolle an der Volksoper besaßen das im Übermaß: Anton Dermota,
Julius Patzak, Rudolf Schock und in ganz frühen Jahren auch Richard Tauber).
Seinen bösen Bruder gab Wolfgang KOCH; expressiv, aber auch nicht besonders
schönstimmig.
Dagegen
waren die Damen unbedingt auf der Habenseite. Alexandra REINPRECHT war
eine sehr angenehme Martha, die auch in der Gestaltung die richtige Linie,
aber nicht ihr Glück fand. Aber die absolute Topleistung kam von der Staatsopernleihgabe
Janina BAECHLE: Ihr sehr schöner Mezzo gab der Rolle der Magdalena edlen
Glanz. Die Gestaltung war durch höchste Natürlichkeit geprägt.
Als
Oheim setzte Walter FINK seinen profunden Baß sehr prägnant ein .Durch
seine Starrköpfigkeit löst er die ganze Katastrophe aus, bringt die Liebenden
auseinander, was Martha in den Tod treibt, und den bösen Bruder aus Eifersucht
zum Brandstifter werden läßt.
Am
Pult sorgte Alfred ESCHWÉ für ausgewogene Leistung aus dem Orchestergraben.
Ich
fand es durchaus interessant das Werk einmal auf der Bühne zu sehen. In
den früheren Jahren, als es auf dem Programm stand, war mein Interesse
an solchen Werken noch nicht sehr ausgeprägt. Allerdings mußte ich jetzt
feststellen, daß es nicht zu einem Lieblingswerk mutieren wird. Der erste
Akt ist eher langatmig, und erst im zweiten Akt sind die "Ohrwürmer" plaziert
und entschädigen dann für die lange Wartezeit. Nur eben für die Superarie
"Selig sind, die Verfolgung leiden" mit dem Kinderchor sind Maßstäbe gesetzt
worden, bzw. Vorstellungen vorhanden, die erst mal erfüllt werden müssen.
Das
Publikum spendete durchaus freundlichen Beifall, in ganz besonderem Maße
für Janina Baechle und verließ das Haus nicht unzufrieden. EH
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