Eine
Schwalbe macht noch keinen Sommer und ein Star noch keine gute Opernaufführung.
Anna
NETREBKO, "der Star", sang an fünf Abenden "La Somnambula", ein nicht
sehr beliebtes Werk und noch schwieriger zu besetzen. (aber durch sie
waren alle Vorstellungen hundertprozentig ausverkauft). Sie debütierte
in der Rolle und sogar recht erfolgreich. Ihre Amina war über weite Strecken
natürlich, man glaubte ihr die Unschuldigkeit, sie wirkt. Interessant
war es festzustellen, daß die Stimme ohne Umwege über Mikrophone ganz
anders klingt. Die Mittellage ihrer Stimme ist sehr breit, warm und sicher,
in den Höhen und den Koloraturen läuft nicht immer alles ganz glatt ab.
Aber das ist bei der schwierigen Rollen auch nur schwer zu erreichen,
und da muß man als Zuhörer ein Ohr ein bißchen zudrücken, auch daß sie
ihre eigenen Tempi hatte...
Aber
wenn die großen Rollen nicht auf gleich hohen Niveau besetzt sind, fällt
das Werk in einen Abgrund. Der Abend war gerade noch eine Gratwanderung.
Der Tenor Antonino SIRAGUSA war kein ebenbürtiger Partner für Anna Netrebko,
stimmlich sehr steif, schwach im Ausdruck, einzig die hohen Töne werden
produziert . Leider ist auch die Stimme nicht sehr einschmeichelnd, und
so gehen seine Arien und auch die Duette nicht unter die musikalische
Haut des Zuhörers.
Der
schönstimmige Michele PERTUSI konnte auch nicht überzeugen. Irgendwo fehlte
ihm der Zugang zur Rolle. Die kleineren Partien waren mit Ensemblemitgliedern
besetzt, allen voran Simina IVAN als verschmähte Lisa. Dadurch, daß sie
schon bei der Premiere dabei war, ist ihr die Interpretation der Rolle
besser geläufig als den importierten Hauptprotagonisten und war auch gesanglich
auf der richtigen Linie. .
Janina
BAECHLE als Teresa, Marcus PELZ als Alessio und Roland WINKLER der Notarius
waren ideale Besetzungen.
Am
Dirigentenpult stand Pier Giorgio MORANDI, der keine Linie finden konnte,
einerseits versuchte er Feinheiten der Partitur herauszuheben, andererseits
mußte er sich aber bemühen, die Kluft zwischen ORCHESTER und Bühne nicht
noch größer werden zu lassen. Somit war der Klang etwas unstabil.
Erfreulich
der CHOR unter der neuen Leitung von Thomas LANG. Sehr klangschön und
perfekt im Einsatz.
Nicht
verständlich war mir, warum Amina/Anna so eine häßliche blonde Perücke
tragen mußte(angeblich auf Wunsch Netrebkos, um unschuldiger zu wirken,
gut aber so unschön?). An die eigenartige Inszenierung von Marco Arturo
MARELLI kann man sich auch nach mehrmaliger Betrachtung nicht gewöhnen.
Selbstverständlich
gab es Ovationen für Anna Netrebko, auch Bravorrufe eines Einzelnen für
Siragusa, was daraufhin Buhrufe auslöste.
Ich
verließ das Haus mit der Erkenntnis, daß Anna Netrebko wohl für die nächste
Zeit die Sängerin sein wird, die die Massen anzieht, egal welche Rollen
sie singt, aber wenn man dem Star nicht die entsprechende Entourage gibt,
wird das Interesse bald erlöschen. EH
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