Eine
Gesundheitsoper, nicht nur für die Darsteller. Um der Langeweile der Inszenierung
zu entrinnen, beginnt man die Stufen zu zählen, die der Tenor, der Sopran
in dieser seltsam unmöglichen Inszenierung von Herbert WERNICKE zu bewältigen
haben. Die Sänger hatten körperliches, ich geistiges Training.
Man
wird ja immer wieder mit den eigentümlichsten Inszenierungen und Bühnenbildern
konfrontiert. Warum, wieso, was das eigentlich für einen tieferen Sinn
hat, das erfährt man nicht, das wissen vermutlich die Verursacher selbst
nicht. Die Bühne wird für den ganzen Handlungsablauf von einer riesigen
Treppe dominiert, so daß man von vielen Plätzen (Balkon und Galerie) das
Ende derselben gar nicht einsehen konnte. Das Miniboot des in Palermo
gelandeten Procida wird von Getreuen über die Treppe gezogen und seitlich
abgeführt, wohin? Es gibt bei dem Bühnenbild/Inszenierung eigentlich nichts,
woran man Gefallen finden könnte. Und dann erlebt man noch eine Wiederaufnahme
von zweifelhafter, nicht beglückender Qualität. Es kamen neue Sänger zum
Einsatz, es klang alles vielversprechend, aber die Realität zeigte anderes.
Die
junge Sopranisten Sandra RADVANOVSKY debütierte in Wien in der Rolle der
Elena. Eine schöne Mittellage und Tiefe, aber die Höhe fand ich nicht
sehr harmonisch. Gute Technik, gute Erscheinung und durchaus engagiertes
Spiel ergaben eine gute Leistung.
Leo
NUCCI als Montforte bot eine solide Leistung, aber ist nicht ein Strahlemann
in dieser Rolle. Grundsätzlich bedauerlich, daß für diese Rolle kaum Alternativen
zu Nucci und Bruson gibt, oder aber man sie nicht an die Staatsoper engagiert.
Francesco
CASANOVA, ein italienischer Hoffnungsträger, dem ein sehr guter Ruf vorauseilt,
welcher stimmlicherseits bestätigt werden konnte, sonst fällt er aber
eher in die Kategorie Stehtenor (unter Umständen fällt das aber in einer
anderen Inszenierung besser aus). Leider ließ auch die Optik den Zuseher
leiden und fürchten. Fürchten, daß die Stufen für ihn zum Stolperstein
werden könnten, leiden, denn die ohnedies unglücklich voluminöse Figur
ist noch höchst peinlich eingekleidet worden. So war man irritiert und
eigentlich der Eindruck ein zwiespältiger.
Roberto
SCANDIUZZI, den ich schon in vielen anderen Aufführungen schätzen gelernt
hatte, enttäuschte mich diesmal als Procida. Der Ohrwurm "O tu Palermo"
wurde wenig eindringlich gesungen, und die Stimme klang unrund und rauh.
Vielleicht ein schlechter Tag.
Die
Kleinrollen waren alle gut gesungen. Dan Paul DUMITRESCU, Ejirio KAI,
Nadia KRASTEVA, Clemens UNTERREINER und Peter JELOSITS verdienen als Ensemblestützen
Lob. In dieser Inszenierung muß man dem Chor, geleitet von Ernst DUNSHIRN
Bewunderung aussprechen, denn singend treppauf, treppab gehen ist auch
nicht gerade leicht.
Fabio
LUISI, ein Dirigent, der immer sehr differenziert das Orchester geleitet
hatte, tat dies an diesem Abend zwar mit viel Elan, eigentlich aber mit
zuviel, denn die Lautstärke des Orchesters überlagerte die Sänger.
Alles
in allem also kein Abend, der einen einheitlich guten Eindruck hinterlassen
hätte, der Applaus bestätigt das auch. EH
|