Musikalisch
war dies wohl ein guter Abend, es hätte eigentlich sogar ein wirklich
genußvoller Abend sein können, wäre da nicht der Störfaktor Inszenierung
gewesen. Jürgen FLIMMs Werk ist ja sehr gelobt worden und wird es noch
immer, nur ich kann mich diesem Urteil nicht anschließen. Es ist hier
für mich ein seltsames Kunterbunt auf der Bühne, es gibt einen Bewegungsregisseur
namens Renato ZANELLA, der die Darsteller sich entweder nicht oder seltsam
bewegen läßt, aber es wird nichts schlüssig. Einzig die von stets bewegten
Beleuchtungstürmen kommenden Lichteffekte versöhnen teilweise.
Ich
habe nicht verstehen können, daß die beiden jungen Leute in dem kahlen
und absolut kalten Umfeld zueinander finden konnten, in glühender Liebe
aufgehen und sogar sterben wollen, nur um sich nicht trennen zu müssen.
Gut, ein verschnörkelter Balkon, Gewänder im Samt und Seide und Pomp,
das ist nicht mehr zeitgemäß und auch nicht erforderlich. Aber eine gewisse
Atmosphäre sollte es schon geben, die die diese Liebe und die Entwicklung
glaubhaft macht. Ein projizierter Sternenhimmel allein schafft das nicht,
auch wenn es hübsch aussieht.
Es
ist auch viel, was man den Sängern zumutet. Roméo muß zwei Akte mit einer
samtenen Jacke über seiner „normalen“ Kleidung herumlaufen, was mehr als
schweißtreibend was, die arme Julia hingegen in einem Nachthemd ähnlichen,
schulterfreien Kleid agieren, d.h. sie durfte frösteln. Und quietschende
Schuhe braucht man schon gar nicht. Das stört nämlich akustisch.
Sehr
erfreulich waren zwei Begegnungen an diesem Abend. Zum einen der Roméo
von Marcelo ALVAREZ. Sein Tenor präsentierte sich strahlend, sehr ausgeglichen
und gut geführt. Sehr kräftig und sicher die Höhen. Seine Rollengestaltung
schien mir etwas unbeholfen, und er konnte auch nicht mit Unterstützung
rechnen. Weder von den Partnern noch gab es Requisiten, die Atmosphäre
schaffen können. Zu anderem Elena GARANCA als Stéphano: Ein herrlich warmer,
samtiger Mezzo mit ausreichend Kraft ausgestattet. Die kurze Szene war
ein echter Genuß, und da freut man sich schon wieder auf einen nächste
Begegnung.
Mit
der Juliette von Andrea ROST war ich nicht mehr so glücklich. Wir hören
zwar eine durchaus sichere Stimme, aber nicht mehr mit lieblichem Schmelz,
sondern leider mit vielen Schärfen (als ich nun die Radioübertragung vom
gleichen Termin hörte, verstärkte sich dieser Eindruck noch mehr ). Auch
sie war in der Rollengestaltung nicht ganz gefestigt, und das Zusammenspiel
wirkte steif, paßte nicht in den Rahmen. Ein neues Team sollte mehr Möglichkeiten
zu Proben haben.
Die
anderen Rollen, Mercutio Marcus NIEMINEN, Capulet Wolfgang BANKL, Tybalt
Michael ROIDER und die Amme Mihaela UNGUREANU, waren alle gut besetzt
und stimmlich ausgeglichen, aber kamen nicht an die der Premierenbesetzung
heran, hier hatten vor allem Mercutio und Capulet mehr Kraft und besseren
Ausdruck.
Im
Orchestergraben stand wieder Marcello VIOTTI den PHILHARMONIKERN vor und
setzte einige liebevolle Akzente, vornehmlich bei den Zwischenspielen
kamen schöne Klanglinien zum Blühen, aber für die Sänger gab es keinen
Klangteppich.
Das
Sängerteam wurde bejubelt, und es gab nach längerer Zeit wieder einmal
einen lange anhaltenden Applaus. EH
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