Joseph
CALLEJA, der tenorale Senkrechtstarter, gab in einer „Rigoletto“-Serie
den Herzog von Mantua. Groß waren das Interesse und die Erwartungen, und
eigentlich kam dann eine gewisse Enttäuschung. Höchst bedauerlich, denn
der junge Tenor hat sicher eine der interessantesten neuen Stimmen. Dagegen
steht jedoch, daß er mir für den Herzog noch nicht reif erscheint. Zur
Zeit ist seine Stimme im Bellini- und Donizetti-Repertoire besser beheimatet,
und auf der Schiene sollte er sich noch einige Zeit bewegen, bevor er
sich an Verdi wagt. So kam es, daß „Questo e quella“ sehr flach klang,
und die Höhen ziemlich gepreßt wurden. Allerdings dürfte auch Nervosität
mitgespielt haben, denn ab dem 2. Akt waren die Stimme sicher und die
Spitzentöne sauber und frei. Was Calleja auch ganz gut beherrscht , ist
der Einsatz von Piani und Pianissimi. Ein herzöglicher Draufgänger war
er wirklich nicht, aber es ist sicher besser so, als zu dick aufzutragen.
Stefania
BONFADELLI ist eine optisch zierliche und zerbrechliche Gilda, allerdings
wird ihre Stimme bereits schwerer, und es ist zu vermuten, daß sie die
Gilda nicht mehr lange singen wird . In der Rollengestaltung selbst ist
nicht alles wirklich glaubwürdig, so ist die Verzweiflung über die Liebe
und verlorene Unschuld im Palast des Herzogs wahrlich nicht zu sehen und
zu hören. Eine sichere Sängerin ist sie allemal.
Die
Rolle des Rigoletto zu besetzen ist derzeit schwer, einerseits sind die
älteren Baritone stimmlich schon überfordert, die jüngeren Sänger hingegen
verfügen noch nicht über die entsprechende Reife. Anthony MICHAELS-MOORE
geht mit viel Einsatz an die Rolle heran und hat mich bisweilen durchaus
überrascht und positiv gestimmt. „Veglia, o donna“ war innig warm gesungen,
„Cortigiani“ hingegen ohne die erforderlich Dramatik. Die heftigen Momente
gelangen grundsätzlich weniger glaubwürdig, seine Stärke liegt eher in
der sanften Gestaltung; allerdings wird es ihm nicht gelingen in der Rolle
Maßstäbe zu setzen, sondern man wird sich mit der Erinnerung an eine solide
Leistung begnügen.
Sparafucile
war mit Goran SIMIC stimmvoluminös besetzt, Maddalena Daniela DENSCHLAG
hingegen fehlte neben Volumen auch Sexappeal. Als Monterone debütierte
Ain ANGER, eine schöne Stimme, die aber noch nicht ganz ausgereift für
die große Bühne scheint. Vielleicht auch nur eine schlechte Tagesverfassung.
Kirill
PETRENKO, ein Dirigent, von dem man viel erwartete, stand mit viel Ambition
am Pult, erzielte einerseits recht schöne Momente (Gewitter), andererseits
war er zu dynamisch auf Kosten der Sänger, und es konnte dann keine Harmonie
mehr erreicht werden.
Die
Inszenierung ist herrlich alt und antiquiert, und man kann sich ohne Ablenkungen
auf die Musik und die Sänger konzentrieren. Eine angenehme Situation,
die nicht mehr allzu oft anzutreffen ist. EH
|