ZUM SCHREIEN KOMISCH

Wie oft hat man es in der Oper, daß alle drei maßgeblichen Faktoren (Regie, Orchester und Solisten) eine Einheit bilden? Eigentlich nur ganz selten. Und wie oft hat man es, daß nur zwei dieser Elemente eine derartige Einheit bilden, daß der andere Faktor zur Nebensächlichkeit degradiert wird? Schon häufiger, aber dennoch selten.

Letzteres war dann auch der Fall in Rossinis „L’Italiana in Algeri“, in der der „Regiegott“ Jean-Pierre PONNELLE zu komödiantischer Höchstform auflief und eine rasend komische Produktion auf die Bühne gebracht hat (für die Ausstattung sorgte er ebenfalls), die einem manchmal die Tränen in die Augen treibt. Diese Produktion von 1987 zeigt, daß man ein Stück nicht unbedingt modernisieren muß, um es den Leuten glaubhaft zu vermitteln. Es wäre müßig, alle Details hier aufzuzählen und würde den Rahmen sprengen. Wer die Möglichkeit hat, sollte es sich selber anschauen. Mit entsprechender Besetzung ist ein Mordsspaß garantiert!

Die musikalische Seite gestaltete sich zwiespältig. Dirigent Frédéric CHASLIN hatte in den Ensembles seine liebe Mühe, Bühne und ORCHESTER der Wiener Staatsoper zu koordinieren. Ansonsten ließ er mehr oder weniger die gepflegte Langeweile einer mittelmäßigen Mozartaufführung walten und den Esprit, den diese Musik beherbergt, vermissen. Als störend empfand ich die viel zu laute Pikkoloflöte. Der CHOR unter Ernst DUNSHIRN sang solide.

Das Niveau der Sänger zu überbieten, dürfte sich als nahezu unmöglich erweisen. Zwar hatte Agnes BALTSA (Isabella) wohl eher einen nicht so guten Tag erwischt, sie wirkte ein wenig lustlos, technisch nicht immer perfekt und für meinen Geschmack manchmal zu aufsässig, lieferte aber dennoch eine tolle Leistung, und ein schlechter Tag sei jedem mal vergönnt. Schwamm drüber!

Der junge Peruaner Juan Diego FLOREZ (Lindoro) litt in erster Linie optisch unter seinen Kostümen, die ihm einfach nicht paßten. Ob es nun seine weiten Serail-Hosen waren, die ihn noch kleiner wirken ließen, oder seine viel zu lange „Minirock“-Jacke. Naja, dafür kann er ja nichts. Gesanglich war er einfach phänomenal! Seine Leichtigkeit, seine technische Brillanz und die strahlend schöne Stimme sind einfach ein Genuß, dem man gar nicht aufhören möchte zuzuhören. Dazu kommt noch eine gute, differenzierte Interpretation und wahnsinnige Spielfreude.

Diese Ferruccio FURLANETTO (Mustafa) abzusprechen wäre blanker Hohn. Der fegte mit einem Elan über die Bühne, daß einem fast schwindelig wurde. Dazu kam eine faszinierende Rollen-Identifikation und ein „saumäßiger“ Spaß an der Rolle, der er mit seinem glänzend sitzenden, mächtigen Prachtbaß ein großartiges Profil verlieh. An seinen Wurfkünsten sollte er aber noch arbeiten...

Da konnte der Rest nur abfallen. Allen voran Alfred SRAMEK, der als Taddeo ständig verloren auf der Bühne herumtrabte und ab und zu versuchte, witzig zu sein, was ihm nie wirklich gelang. Auch seine kehlige Stimme vermochte das nicht zu kompensieren. Dazu kamen noch Mängel im Parlando (der Mann macht auch Bartolo!). Marcus PELZ fiel als Haly nicht wirklich auf, Stella GRIGORIAN (Zulma) und Simina IVAN (Elvira) ergänzten solide.

Alles in allem war es ein absolut herrlicher Abend, der die Lachmuskeln bis zum Äußersten strapazierte. Der Funke sprang trotz Chaslin über. WFS