"TOSCA" - 6. April 2004

485 Mal (seit 1958!) „Tosca“ in der Inszenierung von Margarethe WALLMANN, es wird alsbald die 500. Vorstellung geben (vielleicht wird das ein Weltrekord?). Wird dann noch weiter diese „Tosca“ gespielt oder wagt man sich dann an eine neue „Deutung“? Den Wunsch hat wohl keiner, aber es wird schwerlich nicht zu umgehen sein.

Grundsätzlich schätzt es fast jeder Opernfan mehr, eine gute Besetzung zu haben, als Neudeutungen von Werken (die Direktoren sehen das anders). Und bei den Besetzungen liegen ja sehr oft die Probleme. Herr Dir. Holender hat anläßlich der Pressekonferenz zur Präsentation des Saisonprogrammes 2004/2005 gemeint, er hätte gerne mehr Berichte über Repertoirevorstellungen und nicht nur zu Premieren oder Wiederaufnahmen. Grundsätzlich stimme ich dem zu, denn ich erinnere mich, daß (leider) vor vielen Jahren, die Berichterstattung in den Tageszeitungen über so genannte Repertoire-Vorstellungen weitaus häufiger war, und somit dem interessierten Operngänger auch einen gewissen Einblick in das Tagesgeschehen gegeben haben.

Andererseits, wenn man nun selbst in einer solchen Repertoirevorstellung sitzt, fragt man sich unweigerlich, worüber soll man berichten? Über die Sänger, die man schon vor zehn Jahren gehört hat, und die damals wesentlich besser waren? Über ein Orchester, das patzt ? Einen Dirigenten der die Sänger hängen läßt ? Tut man dies, dann gehört man zu den notorischen Nörglern oder ewig Unzufriedenen.

Nun konkret zu der 485. „Tosca“:

Nach einigen Absagen in der Vergangenheit ist es mir nun doch gelungen Carol VANESS als „Tosca“ live zu hören. Eine durchaus routinierte Sängerin stand auf der Bühne, aber der große Funken sprang nicht über. Die Stimme hat keinesfalls die Durchschlagskraft, die man von der Platte her erwartet hätte und ihr „Vissi d’arte“ berührte nicht.

Marcello GIRODANI ist als Mario Cavaradossi weltweit im Einsatz. Seine kräftige Stimme spricht mich durchaus an, die Optik ebenso, und er wäre sicher ein optimaler Interpret, wenn nicht immer wieder (oder zumindest, wenn ich in der Vorstellung sitze) irgendein Höhenproblem auftreten würde. So ist die Freude an dem Sänger leider getrübt, und man kann keine Topnote vergeben.

Juan PONS ist ein gewichtiger Scarpia, der seit Jahren stabile sängerische Qualität beweist. Er ist zwar nicht der aalglatte und böse Scarpia, den man so gerne sieht und hört, aber er garantiert immer eine gute gesangliche Leistung.

Sehr gut gefielen die Interpreten der kleineren Rollen, Alfred SRAMEK als Mesner ist immer für neue Einfälle gut, Boaz DANIEL ein frischer Angelotti, sowie bestens ergänzend Benedikt Kobel als Spoletta und In-Sung SIM als Sciarrone.

Das ORCHESTER hatte schon bessere Abende geliefert. Die Blechbläser waren nicht in guter Verfassung und Vjekolsav SUTEJ, der Dirigent des Abends, war wie so viele seines Faches zu wenig in Kontakt mit den Sängern und mehr auf Linie mit dem Orchester, wobei dieses trotzdem nicht optimalen Klang lieferte.

Ich weiß nicht, die wievielte „Tosca“ in dieser Inszenierung es für mich war, ich kann mich aber durchaus an Aufführungen erinnern, deren Niveau weitaus spannender war. EH