Die
Inszenierung von Jean Pierre PONELLE ist auch schon in die Jahre gekommen,
aber hat noch immer einen gewissen Charme. Es hängt natürlich auch sehr
stark von den Protagonisten ab, wie die Stimmung sich entwickelt. Es waren
Topsänger zu Gange, doch es gab einen kleinen Wermutstropfen (jene Zuschauer
oder Zuhörer, die das Werk und diese Besetzung zum ersten Mal hörten,
waren sicher die Glücklicheren).
Agnes
BALTSA, eine Sängerin, der man viele schöne Stunden zu verdanken hatte,
ist der Italienerin entwachsen. Frau Baltsa wendet sich bereits seit einiger
Zeit einem gänzlich anderen Rollenfach zu und paßt auch altersmäßig zu
der Rolle nicht mehr (vor allem, wenn eine extrem jugendliche Erscheinung
wie der Tenor ihr zur Seite steht ). Die Stimme hatte stellenweise Mühe
mit der Leichtigkeit der Musik und den Koloraturen zu recht zu kommen.
Frau Baltsa schafft es natürlich noch, eine sehr respektable Leistung
auf die Bühne zu bringen, sie beherrscht es vorzüglich die bestehenden
kleinen Schwächen zu kaschieren, aber jenes berauschendes Erlebnis, das
ich noch vor einigen Jahren hatte, ist es nicht mehr gewesen.
Der
junge Juan Diego FLOREZ als Lindoro ein durchaus idealer Interpret. Die
Rolle fordert mehr stimmlich, denn darstellerisch, und in vokaler Hinsicht
gibt es bei dem Sänger keinerlei Probleme, alle Höhen sitzen perfekt,
die Passagi mühelos. Und die Optik paßt absolut.
Bei
den komödiantischen Rollen Mustafa und Taddeo war fast ein Wettstreit
ausgebrochen und als amüsierter Betrachter konnte man nur mit einem Unentschieden
bewerten. Ferruccio FURLANETTO ist mit seinem profunden Baß als Mustafa
vokal zur Zeit vermutlich der beste Interpret der Rolle, den ich kenne,
und den Spaß, den er an der Rolle hat, ist umwerfend. Gleiches gilt auch
für Alfred SRAMEK als Taddeo. Stimmlich ist er sehr ausgewogen und mit
der Rolle echt verwurzelt. Und wenn dann zwei so spielfreudige Sänger
aneinander treffen, dann gibt es Freude und Spaß, auch für das Publikum.
Die
kleinere Rolle, die arme Ehefrau Mustafas Elvira, wird von Ivana SIMAN
gut und routiniert gemeistert; Zulma, ihre Vertraute, von Stella GRIGORIAN
ebenfalls ordentlich interpretiert. Haly ist einmal mit einer frischen
jungen Stimme gut besetzt mit Marcus PELZ.
Am
Dirigentenpult Frederic CHASLIN, wie immer sehr zündend und flott den
Taktstock schwingend, aber nicht immer auf Feinheiten bedacht. Der CHOR
war an dem Abend ein wenig unrund.
Als
Repertoirevorstellung verdiente der Abend trotz meines Einwandes eine
Eins. Der Applaus war ziemlich heftig, auch viele Bravorufe, aber nicht
von langer Dauer. EH
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