„Andrea Chenier“ - 1. Dezember 2004

Macht man einige Zugeständnisse, was die stets erträumte Perfektion betrifft, dann hat man einer sehr guten Aufführung beigewohnt. Kann man aber so etwas zugeben? Zufriedenheit im Publikum könnte für die Direktion heißen, wir brauchen uns nicht mehr anstrengen. Oder wenn wir dann und wann so etwas bringen, dann sind die Leute glücklich. Wie dem auch sei, der Objektivität halber, muß gelobt werden.

José CURA ist sowohl optisch als auch gesanglich und von der Darstellung der Rolle ein guter Andrea Chenier. Man muß aber auch sagen, daß es wenige Rollen gibt, die für einen Sänger bzw. Person so einen Idealfall darstellen, daß man sagen kann, die Rolle ist maßgeschneidert. Die metallische kraftvolle Stimme bringt die nötige Dramatik für die Rolle, den revolutionären Dichter, aber der Tenor ist auch in der Lage, eine gefühlvolle Seite zum Ausdruck zu bringen.

Auch für Lado ATANELI scheint der Carlo Gérard prägend zu sein. Seine kraftvolle Stimme setzt der Sänger sehr klug ein. Sehr rührend, wie er den Verzicht auf Maddalena darstellt und auch den Versuch, Chénier zu retten.

Georgina LUKACS als Maddalena war das Zugeständnis, denn sie war die einzige im ganzen Ensemble, die wie ein Fremdkörper wirkte. In den Höhen gab es bei ihr immer wieder Probleme, und erst dann, wenn sie in oberer Mittellage und in Piani singen konnte, klang ihre Stimme angenehm und rund. In der Darstellung war sie glaubwürdig.

Auch alle Nebenrollen waren außerordentlich gut besetzt: eine stimmlich vorzügliche Bersi Elina GARANCA; eine berührende Madelon Daniela DENSCHLAG; ein prächtiger Incroyable Herwig PECCORARA seien stellvertretend für das ganze, prächtige Ensemble genannt.

Am Pult dirigierte Marco ARMILIATO sehr dynamisch und dem Verismo angepaßt. Leider ließ er sich aber verschiedentlich dazu verleiteten, die Lautstärke zu stark anzusetzen, was natürlich zu Ungunsten der Sänger war.

Frenetischer Applaus für José Cura und Lado Ataneli und großer Jubel für alle anderen Mitwirkenden. EH