Mozart-Pflege
wird nachweislich groß geschrieben in Wien, Mozart-Pflege lag auch als
Idee zugrunde, als alle „Da Ponte“-Opern im Theater an der Wien während
der Wiener Festwochen inszeniert wurden, und weiters war geplant, die
Inszenierungen an die Staatsoper zu bringen bzw. zu übernehmen. Manchmal
bleibt es bei Plänen, denn es ist lediglich bei „Cosi“ geblieben, die
nun im Repertoire wieder zu finden ist.
Der
ganze Da Ponte-Zyklus, der im Theater an der Wien in einer intimeren Atmosphäre
gezeigt wurde und unter der musikalischen Leitung von Riccardo Muti stand,
hatte ausgezeichnete Akzeptanz. Trotz Bemühungen ist es nicht gelungen,
für diese Wiederaufnahme am großen Haus auch Riccardo Muti zu gewinnen.
Man wählte Seiji OZAWA unseren neuen höchst sympathischen musikalischen
Direktor.
Da
„Cosi fan tutte“, als Inszenierung durchaus traditionell angelegt ist,
hat man nach langer Zeit wieder einmal volle Konzentration auf das musikalische
Geschehen legen können, da es keine abartigen Ablenkungen gibt. Welch
eine Freude! Doch irgendwie kam die richtige Freude doch nicht auf. Es
war eine gute Sängerriege am Start, wir haben einen an sich guten musikalischen
Körper zur Verfügung, am Pult stand einer der schillernsten Dirigenten
unserer Zeit, und irgendwie war die Stimmung lau.
Eine
Cosi, die nicht wirklich spritzig ist...
Die
Damen und Herren Sänger waren allesamt bestens disponiert und gefielen
auch. Sophie KOCH war eine wohlklingende, stimmlich einwandfreie Dorabella,
Soile ISOKOSKI eine Fiordiligi feinster Klangfarbe, mit starkem Textverständnis
und schöner Wiedergabe. Sie legte viel Energie in die Darstellung der
Rolle, aber sie ist vom Typ her nicht so ein quirliges, frisch verliebtes
Mädchen wie ihre Kollegin, sondern eher ein Heimchen am Herd.
Bei
den beiden Liebhabern Ferrando (Rainer TROST) und Guglielmo (Ildebrando
D’ARCANGELO) sind die Vorzeichnen ähnlich. Guglielmo ist glaubwürdig,
auch stimmlich gefälliger oder, sagen wir, prägnanter, Ferrando ohne Schattierungen
und für mich sehr neutral. Es genügt wohl doch nicht perfekten Gesang
nach Noten abzuliefern.
Das
die Fäden der Intrigen ziehende Paar Don Alfonso (Alfred SRAMEK) und Despina
(Stefania BONFADELLI) waren auch ungleich in der Präsenz, und so war nicht
die Harmonie so gegeben, wie man es gerne hätte. Alfred Sramek hat hier
eine Partie gefunden, die ihm sowohl stimmlich als auch darstellerisch
bestens liegt. Vom Temperament her ist es auch für Stefania Bonfadelli
eine gute Rolle, nur gesanglich ist sie für mich nicht wirklich bei Mozart
beheimatet. Ihre Stärke liegt weit mehr beim Belcanto (was ich jetzt auch
einer Einspielung der „Puritaner“ aus Catania, erschienen bei Arte Nova,
wieder feststellen konnte).
Seiji
Ozawa hat gut mit dem ORCHESTER gearbeitet, es spielt beflügelt, aber
die Schwingen reichen nicht in den Opernolymp, steigen auf, fallen aber
wieder zurück.
So
ergibt sich eine eigenartige Situation. Einerseits Freude an schönen Momenten,
andererseits aber eine gewisse Unzufriedenheit, daß es an Kontinuität
mangelt. Es war zweifellos ein Abend mit hohem Niveau, aber es war leider
kein Abend, dem man ein Lob ohne Einschränkungen zuteil werden lassen
kann. EH
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