Am
19. August gab es eine konzertante Aufführung dieser etwas glücklosen
Berlioz-Oper im Wiener Konzerthaus.
Glücklos,
denn bereits die Uraufführung war kein Erfolg und brachte es lediglich
auf drei Vorstellungen.
Glücklos
auch, weil auch diese konzertante Aufführung unter der Stabführung von
Sir Roger NORRINGTON nicht dazu beitragen konnte, reges Interesse zu wecken.
Hier lag aber einzig und allein die Schuld beim Dirigenten. Voll darauf
konzentriert, einen orchestralen Rausch zu produzieren, vergaß er völlig,
auf die Sänger zu achten und die schönen sanften Passagen des Werkes auch
zu berücksichtigen. Eine totale Fehlentscheidung war es auf jeden Fall,
die Sänger nach dem großen ORCHESTER und vor dem CHOR zu placieren. Das
führte zu einem beinahe aussichtslose Kampf. Selbst das Orchester zeigte
gegen Ende der Vorstellung Ermüdungserscheinungen ob des rasanten Tempos
und der konstanten hohen Lautstärke.
Meinen
positiven Gesamteindruck von der Musik, die ich vorher nur teilweise kannte,
konnte Roger Norrington trotz seiner Interpretation, nicht zu Nichte machen.
Das Werk ist sicher schwer auf die Bühne zu bringen, denn es bedarf zumindest
zweier sehr stabiler Sänger (Tenor und Sopran), und so gesehen kann man
natürlich verstehen, daß sich die Opernbühnen scheuen, das Werk umzusetzen.
Für eine Premierenstaffel mag man ja noch solche Sänger finden, aber bei
Reprisen, Zweit oder Drittbesetzungen schaut es schon schlecht aus, ich
glaube auch deshalb, weil sich kaum ein Tenor diese Partie „antun“ will.
So
gesehen muß man die Leistung von Bruce FORD (Cellini) doppelt hoch anrechnen.
Er sang mit sehr viel Engagement und war bemüht, die Hürden der Partie
locker zu nehmen, aber immer gelang es nicht, und die Stimme bracht dann
und wann weg. Laura CLAYCOMB als Teresa erging es nicht viel besser, obwohl
ihr Sopran schon eine Spur mehr Durchschlagskraft besitzt als die Stimme
des Tenors.
Auch
alle dunklen Stimmen konnten sich nicht gegen die Kraft des Orchesters
durchsetzen. Franz HAWLATA als Balducci war kaum zu hören , erst der wesentlich
stimmkräftigere Ralf LUKAS zeigte in der kurzen Rolle des Kardinals, daß
man gehört werden kann. Und einen Name , den man sich auf jeden Fall merken
sollte: Christopher MALTMAN, der einen gefälligen, kräftigen baritonalen
Klang mitbringt, die Stimme gut einsetzen kann und der Rolle des Fieramosca
auch Charakter einhauchen konnte.
Meiner
bescheidenen Meinung nach wäre es das Stück wohl wert, auf die Bühne gebracht
zu werden. Es werden oft viel weniger interessante Werke aufgeführt (um
einem Star zu huldigen) und der zweite Akt mit der Karnevalsszene bringt
sicher viel Spielraum für Optik und Inszenierung. Berücksichtigt man,
daß heuer der 200. Geburtstag von Hector Berlioz gefeiert wird, dann ist
diese Aufführung kein großartiges Geburtstaggeschenk gewesen.
Zieht
man Resümee, dann muß man den Sängern bei aller Einschränkung danken und
Lob aussprechen, ebenso dem RUNDFUNKCHOR LEIPZIG. Dem Dirigenten mit seiner
unglücklichen Idee der Sängerplacierung möchte ich eine Zitrone überreichen.
Sir Roger Norrington werde ich als Operndirigenten tunlichst meiden. EH
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