Zwei
Aufführungen einer Neuinszenierung sind für mich eigentlich immer ein
Muß, außer es ist ein Werk der Moderne. Grundsätzlich habe ich es zwar
lieber, wenn der zweite Abend in einer anderen Besetzung stattfindet,
aber in der letzten Zeit ist man immer mehr bestrebt die „Originalbesetzungen“
abzuspulen. Nicht immer zuträglich und interessant für den Besucher.
Allerdings,
mein Wunsch nach einer anderen Besetzung war nicht so gedacht, daß ein
kurzfristigster Einspringer ran muß. Nur leider, so ergab es sich dennoch.
Statt Giuseppe Sabatini wurde aus dem Zauberhut des Besetzungsbüros der
Staatsoper kein anderer als Keith IKAIA-PURDY herausgezogen. Und das war
nicht die erste Wahl für den Fernand. Herr Purdy muß immer ran, wenn einer
der Stars erkrankt oder absagt.
Es
ist klar, daß der Sänger dann unter besonderer Anspannung steht, auch
wenn er eine Rolle im „Repertoire“ hat. Wie soll man da an eine Beurteilung
rangehen, wenn das so klar ersichtlich ist. Der erste Akt lief auch dementsprechend
schlecht, die Arie war sehr unsauber gesungen, und der spärliche Applaus
wurde von Buhrufen übertönt. Im Zuge der Aufführung hat sich zwar die
Leistung etwas stabilisiert, aber mehr als tolerante Akzeptanz kann ich
dem gebotenen nicht zugestehen. Das Publikum war dann gegen Schluß schon
freundlicher und gab ordentlichen Applaus, aber auch die Buhrufer blieben.
Violeta
URMANA als Léonor de Guzman hatte sehr an Sicherheit gewonnen, und die
stimmliche Unstabilität während der Aufführung, die ich schon besucht
hatte (2. der ersten Staffel) war gänzlich weg. Die Stimme blühte in ihrer
großen Arie grandios auf. Allerdings eine glühende Liebhaberin bringt
sie nicht auf die Bühne, sie wirkt auch in großer Toilette etwas bieder.
Hingegen in der Schlußszene im Kloster bestand sie mit Schmerz und Gebrochenheit
ob der verlorenen Liebe.
Carlos
ALVAREZ war wieder König Alphonse, stimmgewaltig, perfekt in der Stimmführung.
Sein Ausdruck war jedoch kalt, spärlich nuanciert. Ein paar Tage zuvor
sang er in Madrid ebenfalls den Roi Alfonse, und von dieser Aufführung
gab es eine Radioübertragung. Da wirkte sein stimmlicher Einsatz wesentlich
differenzierter, glühender… So sind von Aufführung zu Aufführung doch
immer wieder Unterschiede zu beobachten. Der hörbare Unterschied lag aber
nicht allein an der Tagesverfassung.
Giacomo
PRESTIA sang mit kräftiger Stimme den Abt Balthazar, trat imposant auf,
aber ein bißchen mehr Geschmeidigkeit hätte nicht gestört. Wie beim ersten
Mal eine erfreuliche Neuerwerbung: Genia KÜHNMEIER als Inés. Eine höchst
frische, natürliche Stimme, gut geführt und darstellerisch voll im Einsatz.
Auch
beim zweiten Mal gefiel mir an Inszenierung (John DEW) und Bühnenbild
(Thomas GRUBER) recht wenig, um nicht zu sagen , gar nichts. Die derbe
Füllung der Bühne und die stets bedrohlichen Kreuze ließen keinerlei Romantik
oder sonstige Stimmung aufkommen, vielleicht ist es den Sängern auch dadurch
so schwer gefallen, in die Rollen zu schlüpfen und Gefühle zu zeigen.
So ein Umfeld läßt keine Gefühle zu.
Das
ORCHESTER unter Fabio LUISI spielte ordentlich, und man muß auch sagen,
der Dirigent war sehr bemüht, den Sängern Stütze zu sein, was Herrn Purdy
besonders zugute kam. EH
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