"Don
Quichotte" ist ein Werk, das ich eigentlich in den Programmen sehr vermisse,
denn es hat herrliche Rollen für zwei tiefe Stimmen, die gesanglich aber
auch darstellerisch jeden Bassisten/Bariton reizen müssten (vielleicht
auch tun - aber dem nicht Rechnung getragen wird) und auch die weibliche
Hauptrolle ist nicht der übliche Sopran , sondern ein geforderter Mezzo.
Das
Werk Massenets ist sehr interessant und musikalisch fein gewoben, die
Geschichte des Ritters von der traurigen Gestalt allgemein bekannt, es
bedarf also nur guter Sänger, und der Abend ist gelungen, die Inszenierung
kann natürlich das ganze noch weiter aufwerten , aber auch in die Abgründe
tragen.
Die
Inszenierung von Torsten FISCHER, tut weder das eine noch das andere.
Es gibt einige ganz guten Einfälle wie den Ventilator als moderne Windmühle;
warum aber ein Pferd daran aufgehängt werden muß, fragte ich mich dann
schon wieder. Der Tod Don Quichottes inmitten einer Herde weißer Pferde
war eindrucksvoll, auch den Auftritt Cervantes als Erzähler am Beginn
fand ich nicht schlecht, er wurde mir aber dann zu stark präsent.
Dann
kamen wir aber schon zum Wiederholungstäter Torsten Fischer. Er mußte
wieder einmal eine Schaukel zum Zentrum des Geschehens machen (wie auch
seinerzeit bei seiner Volksoperninszenierung der "Pêcheurs des Perles"
von Bizet, womit er sich meinen ganz persönlichen Unmut zugezogen hatte),
ohne daß das für mich zu einer Erkenntnis der besonderen Art führt, außer
der einen, Regisseure schweben ganz einfach in anderen Höhen, müssen abheben,
denn sonst wären Dinge vielleicht sogar verständlich, und es gäbe keinen
Diskussionsstoff.
Die
Kostüme von Dieltind KONOLD waren neutral an die heutige Zeit angepaßt,
nicht störend, aber auch nicht sehr phantasievoll. Die Lichtregie von
Hartmut LITZINGER bringt vor allem im letzten Bild sehr starke Stimmung.
Das Bühnenbild aus der Hand von Herbert SCHÄFER ist nur in Teilbereichen
ansprechend, sonst eher kalt.
Die
Aufführung als solche hatte durchaus Qualitäten. Das RADIO SYPHONIE ORCHESTER
WIEN unter der Leitung von Emmanuel VILLEAUME spielte Massenet mit sehr
viel Gefühl und brachte Passagen in schönen Klangfarben zu Gehör.
Mit
den Interpreten konnte man auch zufrieden sein. David PITTSINGER ist ein
Bass, der nicht über das allerprägnanteste Material verfügt, der aber
mit einer Wortdeutlichkeit an die Rolle des Ritters heranging, daß es
eine Freude war zuzuhören. Dann und wann hätte die Partie vielleicht mehr
stimmliche Dynamik vertragen. Beim Tod Don Quichottes war aber eine ideale
Linie gefunden, die sehr berührte.
Genug
Kraft und Laustärke brachte hingegen der Sancho Pansa des Abends Richard
BERNSTEIN ein, was für den einfachen Diener sicher nicht Fehl am Platze
war, aber vielleicht ein zu starker Kontrast zu der Stimme und der Interpretation
von David Pittsinger darstellte.
Liliana
NIKITEANU war eine sehr hübsch anzusehende, kokette Dulcinea mit einem
angenehmen Timbre, allerdings in der Stimmführung nicht immer ganz sicher.
Da die Sängerin noch jung ist, könnte man davon ausgehen, daß sie bei
entsprechendem Interesse an der Rolle und generellem Weiterarbeiten diese
Unebenheiten glätten könnte.
Die
vier Verehrer Dulcineas (Ottokar KLEIN, Laurent KOEL, Elisabeth KULMAN
und Gisela THEISEN) traten harmonisch auf.
Der
neu eingeführte Dichter Cervantes (Tim GROBE) ist starker Mimiker, aber
von der Diktion her nicht meinen Vorstellungen entsprechend, da sollte
ein Schauspieler mehr zu bieten haben.
Abgesehen
von meinen kleineren Einwendungen war es ein sehr interessanter und musikalisch
sehr homogener Abend, der in dieser Qualität auch an der Staatsoper hätte
stattfinden können. EH
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