Foto: Klangbogen Wien

"DON QUICHOTTE " - 31. Juli 2002

"Don Quichotte" ist ein Werk, das ich eigentlich in den Programmen sehr vermisse, denn es hat herrliche Rollen für zwei tiefe Stimmen, die gesanglich aber auch darstellerisch jeden Bassisten/Bariton reizen müssten (vielleicht auch tun - aber dem nicht Rechnung getragen wird) und auch die weibliche Hauptrolle ist nicht der übliche Sopran , sondern ein geforderter Mezzo.

Das Werk Massenets ist sehr interessant und musikalisch fein gewoben, die Geschichte des Ritters von der traurigen Gestalt allgemein bekannt, es bedarf also nur guter Sänger, und der Abend ist gelungen, die Inszenierung kann natürlich das ganze noch weiter aufwerten , aber auch in die Abgründe tragen.

Die Inszenierung von Torsten FISCHER, tut weder das eine noch das andere. Es gibt einige ganz guten Einfälle wie den Ventilator als moderne Windmühle; warum aber ein Pferd daran aufgehängt werden muß, fragte ich mich dann schon wieder. Der Tod Don Quichottes inmitten einer Herde weißer Pferde war eindrucksvoll, auch den Auftritt Cervantes als Erzähler am Beginn fand ich nicht schlecht, er wurde mir aber dann zu stark präsent.

Dann kamen wir aber schon zum Wiederholungstäter Torsten Fischer. Er mußte wieder einmal eine Schaukel zum Zentrum des Geschehens machen (wie auch seinerzeit bei seiner Volksoperninszenierung der "Pêcheurs des Perles" von Bizet, womit er sich meinen ganz persönlichen Unmut zugezogen hatte), ohne daß das für mich zu einer Erkenntnis der besonderen Art führt, außer der einen, Regisseure schweben ganz einfach in anderen Höhen, müssen abheben, denn sonst wären Dinge vielleicht sogar verständlich, und es gäbe keinen Diskussionsstoff.

Die Kostüme von Dieltind KONOLD waren neutral an die heutige Zeit angepaßt, nicht störend, aber auch nicht sehr phantasievoll. Die Lichtregie von Hartmut LITZINGER bringt vor allem im letzten Bild sehr starke Stimmung. Das Bühnenbild aus der Hand von Herbert SCHÄFER ist nur in Teilbereichen ansprechend, sonst eher kalt.

Die Aufführung als solche hatte durchaus Qualitäten. Das RADIO SYPHONIE ORCHESTER WIEN unter der Leitung von Emmanuel VILLEAUME spielte Massenet mit sehr viel Gefühl und brachte Passagen in schönen Klangfarben zu Gehör.

Mit den Interpreten konnte man auch zufrieden sein. David PITTSINGER ist ein Bass, der nicht über das allerprägnanteste Material verfügt, der aber mit einer Wortdeutlichkeit an die Rolle des Ritters heranging, daß es eine Freude war zuzuhören. Dann und wann hätte die Partie vielleicht mehr stimmliche Dynamik vertragen. Beim Tod Don Quichottes war aber eine ideale Linie gefunden, die sehr berührte.

Genug Kraft und Laustärke brachte hingegen der Sancho Pansa des Abends Richard BERNSTEIN ein, was für den einfachen Diener sicher nicht Fehl am Platze war, aber vielleicht ein zu starker Kontrast zu der Stimme und der Interpretation von David Pittsinger darstellte.

Liliana NIKITEANU war eine sehr hübsch anzusehende, kokette Dulcinea mit einem angenehmen Timbre, allerdings in der Stimmführung nicht immer ganz sicher. Da die Sängerin noch jung ist, könnte man davon ausgehen, daß sie bei entsprechendem Interesse an der Rolle und generellem Weiterarbeiten diese Unebenheiten glätten könnte.

Die vier Verehrer Dulcineas (Ottokar KLEIN, Laurent KOEL, Elisabeth KULMAN und Gisela THEISEN) traten harmonisch auf.

Der neu eingeführte Dichter Cervantes (Tim GROBE) ist starker Mimiker, aber von der Diktion her nicht meinen Vorstellungen entsprechend, da sollte ein Schauspieler mehr zu bieten haben.

Abgesehen von meinen kleineren Einwendungen war es ein sehr interessanter und musikalisch sehr homogener Abend, der in dieser Qualität auch an der Staatsoper hätte stattfinden können. EH