"LUCIA DI LAMMERMOOR" - 17. Juni 2002

Für mich Saisonabschluß, der eher enttäuschte. Die 131. Aufführung in dieser Inszenierung (Boleslaw BARLOG, Bühnenbild/Pantelos DESSYLLAS, Kostüme/ Slivia STRAHAMMER) wirkte sehr steif. So alte Inszenierungen muß man dann und wann ein bißchen durch Proben wieder auf Vordermann bringen. Dann, aber nur dann, spielt das Alter keine Rolle, sonst wirken solche traditionellen Inszenierungen (obwohl ich sie modernen Interpretationen vorziehe) verstaubt, und das muß ja nicht sein.

Und damit will ich gleich auf die Sänger eingehen. Als Lucia gab es eine Umbesetzung. Statt der angekündigten Simana IVAN sang Marina VYSKVORKINA und hat mich sehr positiv überrascht. Die junge Sängerin hat eine angenehme Klangfarbe mit einer warmen Mittellage und keinerlei Mühen mit den schwierigen Koloraturen. Ihr Spiel war engagiert, aber nicht überzeichnet, was in der Wahnsinnsszene sehr wohltuend wirkte. Sie war auch die Stütze des Abends. Alles, was um sie sang und agierte, war mehr oder weniger enttäuschend.

Tito BELTRAN (Edgardo), den ich schon mehrmals gehört hatte, war an diesem Abend äußerst blaß. Die Stimme ließ ihn einige Male im Stich, und überhaupt hatte ich den Eindruck einer starken stimmlichen Übermüdung. Dadurch litt auch seine Darstellung. Und auch der sympathische Manuel LANZA war Schicksalsgenosse seines tenoralen Kollegen. Sein Bariton, der früher sehr geschmeidig war, ist steif gewesen, die Höhen sehr fahl und verbraucht, und ein richtig böser Bruder war er auch nicht. Bedauerlich, daß beide jungen Sänger sich auf einem Niveau befanden, das man eigentlich als absteigend bezeichnen muß. Vielleicht, ich würde es mir wünschen, war es auch nur eine extrem schwache Tagesverfassung, die aber für eine Ansage oder Absage doch nicht schlecht genug war.

Die Rolle des Raimondo war mit Dan Paul DIMITRESCU stimmgewaltig besetzt, aber mit wenig Ausdruck beseelt. Hübsch anzuhören hingegen in der kleinen Rolle des Arturo; John NUZZO. Die Vertraute Lucias Alisa war ebenfalls gut mit der jungen Florina Carmen HINSU besetzt.

Frederic CHASLIN ist ein solider Dirigent der an manchem Abend auch inspiriert sein kann. An diesem Abend war davon nichts zu spüren, aber die PHILHARMONIKER spielten harmonisch.

Wie ich am Ende der Vorstellung feststellen konnte, reagierten die anderen Besucher gemäß meinem Empfinden, die sich nur bei Lucia mit entsprechendem Applaus verabschiedeten. Ansonsten war der Dank verhalten und kurz. EH