Es
wäre wohl besser, wenn man diesen Abend als einen mißratenen Karnevalsscherz
abtun und vergessen könnte, denn wirklich erinnerungswürdiges gab es kaum.
Die Inszenierung von Gianfranco DE BOSIO ist konventionell und unauffällig,
die Chor- und Statistenführung im Finale ist allerdings an der Grenze
zur Peinlichkeit. Es wäre schön gewesen, wenn man sich hier entschieden
hätte, ob es eine wilde Party oder ein Ballettvergnügen werden sollte.
Das Bühnenbild von Emannuele LUZZATI im Stil von Theaterkulissen aus dem
achtzehnten Jahrhundert könnte eine Auffrischung vertragen; da wirkt einiges
schon arg verstaubt. Die Kostüme von Santuzza CALÌ sind passend, was sich
mir allerdings nicht erschloß, ist die Frage, warum der Chor mit Puderperücken
herumlaufen muß, während die Solisten größtenteils davon befreit sind.
Am
besten von den Solisten schlug sich noch Lado ATANELI als Renato. Wirkte
er in den ersten beiden Akten noch uninspiriert, fand er im dritten Akt
zu seiner gewohnten Form. Ihm schien es an wirklichen Partnern auf der
Bühne zu fehlen, so daß er sich darauf konzentrierte, seine große, schöne,
gut geführte Stimme vorzuführen. Auf akzeptablen Niveau war auch noch
die Ulrica von Nadia KRASTEVA, der es allerdings an Dämonie und Ausstrahlung
fehlte. Es sind alle Töne da, aber es scheint, als käme diese Partie in
einem Haus von der Größe der Staatsoper ein wenig früh.
Immerhin
solide waren die beiden Verschwörer Janusz MONARCHA und Goran SIMIC, wobei
nicht unerwähnt bleiben sollte, daß sie besser anfingen als sie aufhörten.
Ebenfalls auf ordentlichem Niveau war der Christiano Markus NIEMINEN.
Ileana TONCA als Oscar hatte zwar die Töne der Partie, war jedoch mit
einem höchst unattraktiven Timbre geschlagen. Die Art des Singens erinnerte
zeitweilig an eine schlechte Operettensoubrette.
Ines
SALAZAR bot als Amelia in der Höhe sehr unschöne schrille Töne und ansonsten
auch wenig ansprechendes. In ihren besseren Szenen fiel sie nicht weiter
auf, in den meisten ließ sie nicht nur uns, sondern auch unsere Umgebung
schmerzerfüllt ständig zusammenzucken. Darstellerisch war sie bestenfalls
unbeteiligt.
Den
Abend endgültig vergessenswert machte Neil SHICOFF als Gustavo. Da stimmte
gar nichts. Die Phrasierung war schlampig, gerade im ersten Akt war er
permanent zu tief und sein unvermitteltes Wechseln von Tempi trieb den
Dirigent mehr als einmal zu verzweifelten Rettungstaten, damit Graben
und Bühne halbwegs zusammenblieben. Die Arie im dritten Akt war immerhin
in Ordnung, aber diese Partie besteht keineswegs nur aus dieser einen
Arie. Zudem ging es danach genauso wie in den ersten zwei Akten weiter.
Auch die vielgerühmte darstellerische Präsenz des Sängers war nicht vorhanden;
oder sollte damit das Zusammenkauern in Embryo-Stellung in der Sterbeszene
gemeint sein, nachdem Renato ihn in den Rücken gestochen hatte, Shicoff
sich allerdings in der Leistengegend verwundet meinte?
ORCHESTER
und CHOR DER WIENER STAATSOPER klangen unsicher und leisteten sich Patzer
in allen Gruppen, so daß man sich fragt, ob man wegen dieser Ensembles
tatsächlich tausend Kilometer reisen muß. Auf dem Niveau kann man das
Stück auch zu Hause gespielt hören.
Marcello
VIOTTI am Pult mühte sich redlich, mit den Sängern zu atmen, was ihm meistens
auch gelang. Gegen die ständigen Tempiwechsel des Tenors war aber auch
er machtlos. Im "Eri tu" hätte er den Bariton etwas mehr Leine lassen
können, denn ansonsten stellte er sich vorbildlich auf die Intentionen
der Sänger ein. MK
|