Das klassische Verismopärchen präsentierte sich im ersten Teil, der "Cavalleria" mehr als Verismotheater denn als Musikerlebnis. Es gab, so bedauerlich es klingen mag, keine einzige sängerische Leistung, die man wirklich positiv empfinden konnte.

Die Namen Baltsa und Lima ließen hoffen, aber dabei blieb es auch. Agnes BALTSA als Santuzza trug durch ihre intensive und glaubhafte Darstellung doch dazu bei, daß die Qualität der Vorstellung nicht gänzlich in tiefes Mittelmaß abglitt.

Bedauerlicherweise war ihre stimmliche Verfassung aber nicht so, daß sie hohen Passagen der Santuzza bewältigen konnte. Wenn einmal die Stimme dem Verschleiß der Jahre unterworfen ist, kommt es nur mehr bei optimaler Disposition zu Topleistungen. Und diese Situation fanden wir leider nicht vor. So konnte man mit Santuzza doppelt mitleiden und mitfühlen.

Beinahe noch schlimmer stellte sich die Situation bei Luis LIMA dar. Sein Stimmverlust und sein Stimmschwankungen waren schon bei der "Siciliana" voll hörbar, und lediglich seine Ausstrahlung, sein jugendliches Aussehen, seine Darstellung des unersättlichen Liebhabers versöhnten wieder einigermaßen. Vor allem die Szenen mit Agnes Baltsa waren von allerhöchster Brisanz. Es muß jedoch fairerweise dazu gesagt werden, daß er sich im Laufe des kurzen Abends stimmlich etwas festigen konnte.

Alfio wurde von dem jungen Alberto MASTROMARINO gegeben .Dieser war schon rein optisch dem Konkurrenten Lima unterlegen, und obwohl die Stimme durchaus frisch klang, konnte er die Rolle nicht wirklich ausfüllen. Allerdings ist der Alfio eine Rolle, bei der selbst größte und beste Sänger oft keine großartigen Leistungen brachten. Stella GREGORIAN als Lola ist im Besitz einer netten Stimme, ist durchaus engagiert, aber noch nicht mehr. Nelly BOSCHKOWA war eine solide Mama Lucia.

Der Hauptgrund, warum der Abend musikalisch so misslungen war, lag aber in starkem Maß an dem Dirigenten Jun MÄRKL, der keine Harmonie mit den Sängern, keine Linie mit dem Orchester und dem Chor zustande brachte. Es gab daher nicht unwesentliche Unmutsäußerungen am Ende der Vorstellung.

"I Pagliacci" - hier war es um den sängerischen Bereich wesentlich besser bestellt. Schon Leo NUCCI, der zwar nicht eben zu meinen Lieblingssängern gehört, gestaltete einen sehr eindrucksvollen Prolog und war in den weiteren Szenen ein sehr verläßlicher Interpret des Tonio.

Giuseppe GIACOMINI, der Canio des Abends bewies wieder einmal mehr seine Qualitäten als Verismo-Sänger. Seine makellosen Höhen, seine breite, tiefe Mittellage konnten auch nach den vielen Jahren, die seine Karriere nun schon dauert, neuerlich begeistern und wie schon so oft unter Beweis stellen, daß er ein sehr eindringlicher Sänger ist.

Olga GURIAKOWA war eine Nedda mit sehr kräftiger Stimme, die in den Höhen manchmal sehr scharf klang, aber die Rolle doch recht gut ausfüllte.

Der Liebhaber Silvio wurde von dem jungen schönstimmigen Bariton Geert SMITS gesungen. Leider war seine Interpretation etwas farblos Herwig PECORARO war ein solider, verläßlicher Arlechino.

Das Dirigat war auch im zweiten Teil nicht besser geworden, und die Sänger litten sehr unter den unregelmäßigen Tempi. EH