Es
ist mir nach wie vor unverständlich, unerklärlich, wieso Regisseure immer
wieder darauf verfallen, eine Bühne, die ein gewisses Ausmaß hat und für
Aufführungen konzipiert ist, um etwas authentisch und lebhaft darstellen
zu können, künstlich zu verengen, was im Werk dann vieles unglaubhaft
zeigt und macht.
Auch
an diesem Abend hat man die Bühne, die für die Handlung des Stückes eine
durchaus optimale Größe gehabt hätte, künstlich verkleinert und den Sängern
den Aktionsradius auf ein Minimum reduziert.
Kleine
Häuser suchen krampfhaft ein mehr an Platz zu gewinnen, weiten auf den
Zuschauerraum oder den Orchestergraben aus. Große Häuser beschreiten den
gegensätzlichen Weg. Es wäre daher durchaus angebracht, die Rollen zu
tauschen. Große Häuser sollten auf Kleinbühnen ausweichen und ihren Platz
den kleinen Häusern zur Verfügung stellen, das würde zweifellos Kosten
sparen. So viel einmal zu dem grundsätzlichen Phänomen die Bühnen zu verschachteln
.
Die
Inszenierung des Werthers von Guy JOOSTEN und das Bühnenbild Johannes
LEIACKER stellten uns vor dieses Problem Die Bühne war auf ein Dreieck
mit großflächigen kahlen Wänden reduziert, dann weiter noch einmal ein
Dreieckspodium und an den Wänden aufgepinselte Motive, den Ort darstellend.
Nicht nur dadurch ist Werther weg von Romantik zum Verismowerk geworden,
denn auch der Hauptprotagonist Marcello GIORDANI war sowohl stimmlich
als auch gesangstilistisch absolut kein romantischer, träumerischer Liebhaber.
Er hielt aber seine Linie den ganzen Abend konsequent und dadurch war
es eine homogene Leistung.
Charlotte
gesungen von Jennifer LARMORE besticht mit schönem Stimmaterial und gestaltete
durchaus glaubhaft ihre Konflikte zwischen Liebe und Pflicht. Die beiden
Hauptdarsteller, wenn auch nicht ganz mit meiner Vorstellung eines idealen
Werther-Liebespaares übereinstimmend, trugen aber die Aufführung zum Erfolg.
Die
durchaus nette Stimme von Patricia PETIBON und ihre gefühlvolle Darstellung
der Schwester Sophie lassen für die Zukunft der jungen Sängerin hoffen.
Sie war es auch, die neben dem Hauptpaar einen schönen Erfolg erzielte.
Martin GANTNER als Albert war ein solider Interpret, und damit aber waren
die positiven gesanglichen Leistungen zu Ende.
Der
Vater und seine Spießgesellen (Wolfgang BANKL, William POWERS , Ernst
Dieter SUTTHEIMER) blieben stimmlich vieles schuldig, in der Darstellung
waren sie derb und sehr vordergründig, was aber auf Linie lag - sowohl
von der Regie her, als auch von der musikalischen Interpretation des Dirigenten
Bertrand DE BILLY, der die Romantik nicht vordergründig gab und statt
dessen das Orchester zügig und markant führte.
Durchaus
erwähnenswert der BRATISLAWA BOYS' CHOIR, junge Stimmen, die mit viel
Freude bei der Sache waren.
Man
kann diesen Werther als interessanten Abend und Bereicherung des matten
Wiener Theatersommers beschreiben, mir persönlich aber wäre eine Interpretation
im Sinne der Romantik lieber gewesen. EH
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