Dieser
Abend war meine erste Abonnementvorstellung der Saison 2000/2001.
Zur
Ehrenrettung des Programmbüros muß gesagt werden, daß solche musikalischen
Eigenwilligkeiten höchst selten sind, daher akzeptiert werden können,
und die "Jakobsleiter" unter dem Titel Horizonterweiterung verbucht werden
kann.
Allerdings
allein dieses Argument bleibt übrig, nicht aber eine echte Akzeptanz oder
gar Begeisterung für das Werk. Obwohl noch keine Zwölftonmusik ist diese
Art von Klang nichts für mein Ohr. Ich kann mich damit nicht anfreunden
und stehe mit dieser Haltung nicht allein. Schönberg (Er hat an dem Werk
viele Jahre gearbeitet ohne es selbst zu vollenden. Die Fassung des Abends
stammt von Wilfried Zillig. ) berührt mit diesem Oratorium ein Thema,
welches viele Fragen aufwirft und ebenso viele offen läßt. Glaube in den
verschiedenen Religionen, die Geheimnisse des Lebens, die Suche nach dem
Sinn unseres Daseins. Es ist für mich daher verständlich, daß Schönberg
seine Gedanken und musikalischen Ideen nicht wirklich zu einem Ende bringen
konnte.
Obwohl
der musikalische Part keine Freude bei mir ausgelöst hat, bin ich dieses
Mal von der Inszenierung und dem Bühnenbild sehr positiv überrascht worden.
MARCO ARTURO MARELLI hat eine sehr gute Lösung in Form einer endlosen
Treppe gefunden, eine abgebrochene Leiter und zum ersten Mal auch sinnvoll:
Koffer, Koffer und nochmals Koffer, die die rastlosen Wanderer und Sucher
begleiten.
Ein
Ringender (Wolfgang BANKL), ein Aufrührerischer (John DICKIE), der Auserwählte
(Peter WEBER ), der Mönch(Heinz ZEDNIK ), der Sterbende (Kirsten DENE)
, die Seelen (Milagros POBLADOR und Ileana TONCA) und der alles überwachende
Erzengel Gabriel (Franz HAWLATA) sind von der Regie bestens betreut und
geführt worden.
Daß
die Schauspielerin Kirsten Dene die eindruckvollste darstellerische Leistung
bringen würde, war zu erwarten. Daß die Sängerkollegen gut abschnitten,
bürgt für deren ????. Und, daß sie allesamt diese schwierige musikalische
Sprache vermitteln konnten, dafür zolle ich ihnen allerhöchsten Respekt.
Das
Gleiche gilt für Chor und Orchester unter MICHAEL BODER.
Meine
Anerkennung für den ersten Teil des Abends gilt nur der schwierigen Reproduktion.
An dem Werk selbst konnte ich keinen Gefallen finden und das, obwohl ich
mit gut vorbereitet hatte. Ich habe mich gefragt, wie jemand den Abend
empfunden haben mag, der vollkommen ahnungslos in diese Vorstellung kam,
wie so manche Japaner, die "Opernbesuch inbegriffen" reisten.
Nach
der erholsamen Pause - GIANNI SCHICCHI.
Marco
Arturo Marelli hat teilweise das Bühnenbild der "Jakobsleiter" - nämlich
die endlose Treppe - weiter verwendet und einen gigantischen Koffer aufgestellt,
der die Geschichte des Hauses des Buoso Donati lebendig macht. Die erbschleichende
Verwandtschaft ist schon durch Kostüme auf Gier und Habsucht vorgezeichnet
und bringt durch Gesang und Artikulation die einzelnen Charaktere noch
weiter zum Erblühen. Es hat hier eine moderne szenische Darstellung optimal
gegriffen. Nichts wurde verfälscht, nichts vorgedeutet. Nach langem eine
Inszenierung, die man ohne leiden zu müssen, mit Freude genießen konnte.
UND
WAS FÜR EIN ENSEMBLE! Jeder einzelne füllte seine Rolle bestens aus: Zita
(Mihaela UNGURENANU), Gherardo (.Herwig PECORARO), Nella (Ingrid. KAISERFELD),
Betto (Janusz MONARCHA), Simone( Walter. FINK ), Marco (István. GÀTI),La
Cisca (Stella GREGORIAN) Spinelleccio (Alfred SRAMEK) Amatio (David.Cale
JOHNSON), Pinellino (Hiroyuji. ILJICH), Guccio (Michael KUCHAR).
Naturgemäß
schlugen aber den drei Hauptinterpreten die meisten Sympathien entgegen
und das auch durchaus gerechtfertigt.
Leo
NUCCI ist ein sympathisches Schlitzohr, der sich mit sichtbarer Freude
der Hinterlassenschaft des Signore Buoso Donati bemächtigt. Der Zuschauer
ist seinem Charme erlegen und würde ihm vielleicht sogar noch mehr an
Erbe zustecken.
Juan
Diego FLOREZ ein strahlender Rinuccio sowohl stimmlich als auch optisch.
Man bedauerte ernstlich, daß es nicht mehr zu singen gab.
Seine
angebetete Lauretta, Tochter des Gianni Schicchi, von ANGELIKA KIRCHSCHLAGER
perfekt interpretiert, hat für mich allerdings zu wenig stimmliche Lieblichkeit
verbreitet. Das ist keine Vorwurf an die Sängerin, sondern eine Frage
der Stimmlage und ein Mezzo, auch wenn er über noch brillante Höhen verfügt,
ist nun mal kein jugendlich lyrischer Sopran. (Das ergibt für mich eine
generelle Frage - warum nun so oft ein fachübergreifender Einsatz stattfindet
?) Dies ist meine kleine Einschränkung zu dem wirklich gelungenen 2. Teil
des Abends.
Das
Orchester musizierte bestens unter MICHAEL BODER und es bewies sich hier
wieder einmal mehr die einzigartige Qualität und Wandlungsfähigkeit auch
unserer Musiker. EH
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