Bei
der Wiederaufnahme dieser "Onegin"-Produktion lief einiges wesentlich
unaufgeregter als noch im März. Einige Details (z.B. die Geschichte mit
dem Honigtopf) waren in angenehm abgeschwächter Form zu sehen, und insgesamt
verlief der Abend entspannter.
Einen
großen Anteil hatte daran sicherlich das Dirigat von Jerzy WOLOSIUK, der
den Abend mit viel Gefühl für Tschaikowskys Musik leitete und sowohl den
Sängern als auch dem Orchester wesentlich mehr Raum für die musikalische
Entfaltung ließ. Genauso möchte man diese Oper hören. Und so konnte sich
das ORCHESTER der Opera na zamku auch von seiner allerbesten Seite zeigen.
Die hier gehörte Harmonie und Musikalität macht wahrlich Lust auf die
anstehende "Lohengrin"-Produktion.
Für
den Onegin des Abends wünschte man sich, daß einmal jemand die Rolle eingehend
mit ihm erarbeitet. Das gilt weniger für die Szenen nach dem Duell, von
denen insbesondere die letzte mit der notwendigen Intensität gesungen
und gespielt wurde, sondern gerade für die ersten Begegnungen zwischen
Onegin und Tatjana, denen es an Charakter und Stimmung fehlte. Tomasz
LUCZAK kann sicherlich zu einem guten Interpreten dieser Partie reifen,
doch es braucht wohl noch etwas Zeit bis dahin.
Mit
der Tatjana von Joanna TYLKOWSKA warm zu werden, ist ausgesprochen schwer.
Über ein standardisiertes Repertoire an Gesten kommt die Sängerin einfach
nicht hinaus und auch bei der gesanglichen Interpretation bleibt eine
plastische Gestaltung der Figur auf der Strecke.
Und
so wurde es denn auch der Abend für das Team Olga/Lenski. Verglichen mit
der Premierenserie nahm Malgorzata KUSTOSIK die Überzeichnung Olgas sehr
zurück. Trotzdem zeigte sie genug Temperament für den Wirbelwind unter
den Töchtern Larinas und wickelte so ziemlich jeden Mann auf der Bühne
um ihren kleinen Finger. Daß Lenski bei dieser Olga nach und nach verzweifelt,
war wenig überraschend. Auch stimmlich bot der Mezzosopran einiges und
wußte mit angenehmem Timbre zu begeistern.
Mit
einem wesentlichen schwächeren Onegin als stimmlichen Gegenpart fiel Pawel
WOLSKIs außergewöhnliche Leistung hier noch mehr auf als in der Premierenserie.
Mit einer Stimme beschenkt, die nicht nur schön ist, sondern auch über
Charakter verfügt, und dem offensichtlichen Gefühl für eine natürliche,
nie überdramatisierte Zeichnung des Charakters gehört der Tenor ganz sicher
zu den besten Interpreten dieser Partie derzeit.
Malgorzata
JALMUZNY-BOROWIK war als Larina ein wenig zurückhaltend. Hier vermißte
man ein wenig die Charakterisierung, die man im März gesehen hatte. Doch
stimmlich hörte man eine solide Leistung. Anetta WAKARECY sang Filipiewna
derart großartig, daß das Bedauern über die nur wenigen Momente der Rolle
groß war. Eine so erstklassige Stimme verdient dringend umfangreichere
Partien.
Es
ist schwer zu sagen, was bei Janusz LEWANDOWSKI eigentlich stimmlich falsch
läuft. Als Gremin enttäuschte er leider erneut. Als gesanglich mehr oder
weniger passabel zeigten sich Piotr ZGORZELSKI (Triquet) und Miroslaw
KOSINSKI (Saretzki).
Der
CHOR hinterließ einen agilen und musikalisch ausgesprochen homogenen Eindruck.
Auch hier darf man auf den "Lohengrin" sehr gespannt sein. AHS
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