Tiroler
Festspiele Erl Winter
Leider
konnte man von diesem Fidelio in Erl nur die grandiose orchestrale Leistung
unter dem Dirigat von Maestro Gustav KUHN mit nach Hause nehmen, der wie,
bei "Fidelio"-Interpretationen vor dem Schlußakt üblich, die 3. Leonoren-Ouvertüre
zum Höhepunkt des Abends durch präzise Stabführung und Einfühlungsvermögen
in Beethovens einzigartiges Opernwerk machen konnte.
Frenetischer
Beifall des Publikums dankte ihm und ihm ist weiterhin zu danken, für
seine sonst durchdachten Inszenierungen, die er bei diesem Werk leider
in die Hand von Alexander POLZIN als Regisseur und Bühnenbilder und von
Sommer ULRICKSON als Co-Regisseur legte. Hier kam nichts logisch auf die
Bühne, die beiden inszenierten am Libretto vorbei, selbst die Kostüme
von Wojciech DZIEDZIE paßten überhaupt nicht zu den Figuren. Man steckte
Fidelio in einen Tüllmantel, kleidete Leonore, die sich in der Gefängnisszene
umziehen mußte, in ein gelbes Kleid mit blauen Schuhen, und noch dazu
Marzelline in ein Tüllkleidchen. Das Gefängnis war ein Totenkopf-artiges
Gebilde, das noch einigermaßen zu akzeptieren gewesen wäre, wenn die Personenführung
davor und darin nicht ausgesprochen unlogisch erdacht gewesen wäre, und
was sollen überhaupt Gefangene in der Zelle des Florestan, wenn Pizzarro
diesen umbringen will? Dazu erfand man zu Beginn des Stücks zwei Figuren
in einer Art Gauklergewand, die den Vorhang öffneten. Unter weiteren vielen
Ungereimtheiten war besonders enttäuschend der Schluß, da die Bühne bei
"Wer ein solches Waib errungen, stimm' in unseren Jubel ein" völlig im
Dunkeln lag und man einen münzenverteilenden Minister an die Freigelassenen
in die Mitte der Bühne stellte und das Hauptpaar Leonore und Florestan
bescheiden in den Hintergrund drängte? Diese Inszenierung ist für Kenner
dieser Oper eine einzige Enttäuschung.
Dazu
kommt, daß man auch für die Besetzung an diesem Abend nicht von einer
ganz guten Wahl sprechen kann. Bettina KAMPP als Leonore war offenbar
an diesem Abend indisponiert (sie ließ sich aber nicht ansagen) sie hielt
"Abscheulicher, wo eilst Du hin" kaum stimmlich bis zum Ende durch, George
Vincent HUMPHREY brachte durch sein markantes Stimmtimbre "Gott, welch'
Dunkel hier" seine Auftrittsarie etwas verzerrt zum Publikum, Thomas GAZHELI
als Pizarro sang ziemlich forciert und überzeichnete seine Figur dadurch
sehr.
Einzig
Jens WALDIG als Rocco konnte mit sonoren Baß-Tönen mehr überzeugen, ebenso
war Paola LEGGERI als Marzelline keine schlechte Wahl. Giorgio VALENTA
als Jacquino war zwar stimmlich ausreichend, konnte aber in der Rollengestaltung
als junger Gehilfe wenig überzeugen, es stand hier ein Alternder auf der
Bühne. Der Minister von Michael KUPFER war stimmlich und darstellerisch
perfekt, was vielleicht auch die beiden Regisseure ahnten, da sie ihn
wie erwähnt zum Mittelpunkt des Schlußaktes machten. Der CHOR war ausreichend
einstudiert.
Man
fuhr unbefriedigt nach München zurück und sehnte sich nach den so guten
früheren Inszenierungen und Stimmen in Erl unter der immer glücklichen
Dirigathand von Gustav Kuhn. ISt
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