Das
SH-Landestheater ist ein Theater, das nicht nur an einem festen Ort (Flensburg)
spielt, sondern auch in Schleswig-Holstein kleinere Theater bespielt.
Dieses ist sehr wichtig für eine Region, die lediglich an der Ostküste
Opernhäuser hat (Lübeck, Kiel). Leider ist die zweite Spielstätte in Schleswig
akut einsturzgefährdet, und der Neubau wurde von der Stadt abgelehnt.
Das ist insofern ein großes Problem, als dass somit das ganze Theater
von der Insolvenz bedroht ist. Das wäre angesichts der Qualität ein Jammer!
Dem
Operndirektor Markus HERTEL gelingt eine tolle Inszenierung, die zeigt,
dass es vollkommen unerheblich sein kann, in welcher Zeit ein Stück spielt.
Er entschied sich für eine klassiche Inszenierung. Offensichtlich hat
er Puschkin mehr als einmal gelesen, und die Oper mehr als einmal gehört
- und dazu auch noch verstanden sowie den Sängern vermitteln können. Ihm
gelingt eine sehr ausgefeilte Personenführung. Mein persönlicher Lieblingsmoment
ist, wenn Onegin in der Finalszene in dem Kostüm auftritt, in welchem
er Tatjana das erste Mal begegnet ist. Nur die Aufwertung von Guillot
erschließt sich mir nicht. Das variable Bühnenbild stattete Martin FISCHER
aus, die zahlreichen schön anzusehenden Kostüme gestaltete Martina LÜPKE.
Gespielt wurde die etwas holprige deutsche Fassung von Wolf Ebermann und
Manfred Koerth.
Joa
HELGESSON zeigte nach seinem herrlichen Barbiere letzte Saison, dass er
auch ernste Rollen kann. Sein Onegin ist im ersten Teil geschmeichelt,
jedoch auch angemessen ironische distanziert. Seine Verzweiflung am Schluß
war jederzeit spürbar. Er ist zudem stets präsent, auch wenn er nichts
zu singen hat.
Anna
SCHOECK beeindruckte als Tatjana mit einem sehr differenzierten Rollenportrait.
War sie zu Beginn das etwas distanzierte Mädchen, explodierte sie förmlich
in der Briefszene, um dann im Finale Onegin gekonnt auflaufen zu lassen.
Leider verpufften ihre letzten Worte ein wenig.
Einen
zwiespältigen Eindruck hinterließ Junghwan CHOI als Lenski. Auf der einen
Seite dachte ich mir, was für ein toller Spinto-Tenor da doch eigentlich
zu hören ist, der wundervolle Piani singen kann, auf der anderen Seite
sollte man die Rolle nicht so massiv von der mittleren/späten Verdi-Seite
angehen.
Markus
WESSIAK (Gremin) ließ einen schönen Baß hören. Er interpretierte die Rolle
eher im Sinne von "Ich weiß, wer du bist - und auch, daß Tatjana meine
Frau ist". Etwas störend war jedoch, daß er seine Augen kaum aufgekriegt
hat.
Von
Jin-Hak MOKs Triquet hätte ich mir gerne etwas mehr Selbstironie gewünscht,
er sang aber sonst sehr gut. Camilla LEHMEIER sang eine lebensfrohe, aber
nicht nur oberflächliche Olga. Oxana SEVOSTIANOVA gefiel als Filipjewna
ebenso wie Svitlana SLYVIA (Larina) und der nirgends erwähnte Hauptmann.
Jorge Martinez MENDOZA war ein solider Saretzki.
Theo
SAYE am Pult der toll aufspielenden SCHLESWIG-HOLSTEINER SINFONIKER dirigierte
gelegentlich etwas zu statisch. In den besten Momenten (Finale) war es
sehr nah an Verdi, den ich mir nach dieser Aufführung im Übrigen dringend
wünsche! Der OPERNCHOR unter Bernd STEPPUTTIS absolvierte seinen Part
ebenfalls sehr gut. WFS
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