Das
Operndörfle Ölbronn im Glanz der großen Namen beim Künstlertreffen der
Gottlob-Frick Gesellschaft am 18./19. Oktober 2014 traf sich die Opernprominenz
Die
Besucher im vollbesetzten Gottlob-Frick-Saal des "Mühlehof" fragten sich:
"Ja, kann das sein?" als die Namen der Ehrengäste während des Festaktes
von Präsidiumsmitglied Norbert Holme verlesen wurden. Ja, es konnte sein,
dass unvergessene Weltklasse-Sänger, wie Gwyneth Jones, Anja Silja, Ruth-Margret
Pütz, René Kollo, Donald McIntyre, Franz Mazura und Hans Sotin zusammen
mit zahlreichen anderen Sängerlegenden beim Jahrestreffen der Gottlob-Frick-Gesellschaft
anwesend waren. Höhepunkt der Gästeehrungen war die Verleihung der Gottlob-Frick-Medaille
in Gold an den ehemaligen Intendanten der Dresdner Semperoper Gerd Uecker,
weltweit einer der profiliertesten Opernpraktiker und Dozenten für Operninterpretation.
Kenntnisreich und humorvoll leitete Hans A. Hey, der Präsident der Gottlob-Frick-Gesellschaft,
in seiner Laudatio ausgehend von den Schwierigkeiten, die junge Sänger
am Anfang ihres "Traumberufs" haben, zu den jahrzehntelangen Verdiensten,
die sich Gerd Uecker bei der Ausbildung und Förderung des Sängernachwuchses
erworben hat, hin. In seinen kurzen nachdenkenswerten Dankesworten betonte
Gerd Uecker die Notwendigkeit, in einer digital kommunizierenden Welt
Musik als universell verständliche Sprache der Menschheit zu erhalten.
Im
Sturm eroberte der Tenor Clemens BIEBER bereits am Anfang des Festkonzertes
die Herzen der Zuhörer, als er den unvergänglichen Opernschlager "Ach
so fromm, ach so traut" aus Friedrich von Flotows Oper "Martha" mit lyrischen
Schmelz sang. Im nachfolgenden Duett "Ja seit früher Kindheit Tagen" aus
derselben Oper vereinigten sich die Stimmen des voluminösen Basses Claudius
MUTH und dem strahlenden Tenor Clemens Bieber. Bei vielen Besuchern wurden
Erinnerungen geweckt, weil dieses Duett ein Glanzstück von Fritz Wunderlich
und Gottlob Frick war. Vollends verzauberte die lebendig verführerische
Sopranistin Miriam PORTMANN, als sie mit warmem, gefühlvollem Ton das
populäre Lied "Letzte Rose" innig erfüllt vortrug. Ein Auftakt nach Maß!
In
der "Freischütz-Ouvertüre", dieser Perle romantischer Mystik, konnte das
HEILBRONNER SINFONIEORCHESTER unter der souveränen Leitung seines bewährten
langjährigen Dirigenten sein ganzes Können zeigen. Gekonnt arbeitete Maestro
Peter BRASCHKAT die wechselnden Stimmungen von finsteren Mächten, Wald
und Liebe fein differenziert heraus. Überzeugend gelang es Clemens Bieber
mit heldischeren Tönen die Verzweiflung des Jägerburschen Max in der berühmten
Arie "Durch die Wälder, durch die Auen" auch darstellerisch eindrucksvoll
herauszuarbeiten. In der dramatischen Rachearie "Schweig, schweig" des
diabolischen Kaspar muß Claudius Muth fast den gesamten Umfang des Baßregisters
vom tiefen bis zum hohen fis durchmessen und dabei noch schwierige Koloraturen
bewältigen. Eine Herausforderung für jeden Bassisten, die Claudius Muth
sicher meisterte. Die träumerisch melancholische Schilderung der inneren
Stimmung der Agathe in der Arie "Wie nahte mir der Schlummer" gelang Miriam
Portmann durch sensible Einfühlung, sängerisches Ausdrucksvermögen und
glaubhafte Darstellung.
Beethovens
grandiose Freiheitsoper "Fidelio" stellt an Orchester und Gesangssolisten
höchste Anforderungen. Energisch formte Peter Braschkat bereits die Einleitung
der Ouvertüre. Tonschön und harmonisch arbeitete der Dirigent mit den
einzelnen Instrumentengruppen die wechselnden Themen des Werkes prägnant
heraus und wahrte dennoch den großen Atem des sinfonischen Charakters.
Ein ganz besonderes Lob den präzise intonierenden Hörnern und dem ganzen
Orchester für die ausgezeichnete Wiedergabe dieses vertrackt schwierigen
Stückes. Als Rocco durfte Claudius Muth in der sogenannten "Goldarie"
in väterlicher Gemütlichkeit seine Weisheiten von Liebe und Geld verkünden.
Tief bewegt vereinten sich die Stimmen von Tenor, Sopran und Baß im Terzett
"Euch werde Lohn in bessren Welten." Die Stimmung wurde getroffen. Rasch
und routiniert fing Peter Braschkat seine Sänger ein, als diese davon
zu laufen drohten. Die Dramatik erreichte einen ersten Höhepunkt in der
großen Arie der Leonore "Abscheulicher, wo eilst Du hin". Miriam Portmann
gelang es, sowohl die tiefe Empfindsamkeit der liebenden Gattin als auch
die großen dramatischen Ausbrüche der heroischen Kämpferin stimmschauspielerisch
perfekt zu vermitteln. Trotz der enormen stimmlichen Anforderungen blieb
der warme Herzenston durchgängig erhalten; er könnte ein unverwechselbares
Erkennungsmerkmal dieser Sopranistin werden.
Die
Dramatik kulminiert in der Kerkerszene "Gott! Welch Dunkel hier". Clemens
Bieber sang den Anfangston des Rezitativs mit leichtem Stimmansatz und
dem Ausdruck tiefster Resignation. In der nachfolgenden Arie steigerte
er sich in großen Melodienbögen bis zur fast wahnhaften Vision von Leonore
als Retterin aus allen Leiden. Clemens Bieber meisterte diese gesangsdramatisch
zu den grandiosesten Kompositionen des Opernschaffens gehörende Szene
meisterhaft. Hut ab vor den Leistungen, die dieser großartige Tenor auf
dem gesangstechnischen "Höllenritt" vom lyrischen Lyonel in "Martha" über
den verzweifelten Max im "Freischütz" bis hin zur äußersten Dramatik des
Florestan in Beethovens "Fidelio" vollbrachte. Im abschließenden Duett
"O namenlose Freude" steigerten sich Miriam Portmann und Clemens Bieber
zu höchstem Jubel - ein Jubel, der vom begeisterten Publikum dankbar erwidert
wurde.
Sind
diese Höhepunkte im Musikleben unser Region zu wiederholen? In anderer
Weise gelang dies in der nachfolgenden Matinee am Sonntag in der Gemeindehalle.
Franz Mazura lebhaft, vital, eloquent wie eh und je wurde aus Anlaß seines
90. Geburtstags würdig geehrt und gefeiert, besonders als der Universalkünstler
über seine derzeit laufenden aktuellen Auftritte als Sänger berichtete.
Wie
inszeniert man Richard Wagners "Walküre" in Taipeh in Vietnam, einem Opern-Entwicklungsland?
Der erfahrene Regisseur und Intendant Hans-Peter Lehmann berichtete von
seinen Erfahrungen und Erlebnissen im fernen Land mit ansteckender, leidenschaftlicher
Begeisterung. Ein Glücksfall der ganz besonderen Art war es, daß sieben
Protagnisten des berühmten Chereau-Ringes bei den Bayreuther Festspielen,
der in die Operngeschichte eingegangen ist, anwesend waren. Weltweit wahrscheinlich
eine Einmaligkeit, verwirklicht in dem kleinen Flecken Ölbronn. Dame Gwyneth
Jones (Brünnhilde), Hannelore Bode (Sieglinde), Ortrun Wenkel (Erda),
René Kollo (Siegfried), Sir Donald McIntyre (Wotan/Wanderer), Franz Mazura
(Gunther) und Hans Sotin (Wotan/Wanderer) berichteten über dieses Stück
Operngeschichte. Thomas Voigt steuerte die "ewig jungen" Operngrößen routiniert
wie immer.
Adalbert
Bangha, der Vizepräsident der Gesellschaft, leitete die Matinee charmant-konsequent
und überwand mit dem Helfer-Team der Gesellschaft alle technischen Hindernisse.
"O
namenlose Freude": Im Künstlertreffen 2014 der Gottlob-Frick-Gesellschaft
erfüllte sich das Motto aller Veranstaltungen auf's Schönste. Ingo Kardos
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