Wer
sich von den meist mißglückten Inszenierungen dieses von Wolfgang Amadeus
Mozart musikalisch unübertrefflich komponierten Werks erholen will, muß
in die romantische landschaftlich beeindruckende ländliche Atmosphäre
des Passionsspielorts Erl fahren, nur hier kann man als nostalgisch fühlender
Opernfreund die Seele baumeln lassen. Gerade Mozart braucht einfühlsame
Inszenierungen, um einen ungetrübten Genuß seiner Musik zu schaffen, und
das ist wieder einmal in Erl voll spürbar geworden.
Denn
hier herrscht der Gründer und Leiter der Festspiele Gustav KUHN, der sein
ORCHESTER im neu erbauten Festspielhaus durch einen klangvollen Mozart-Abend
führte, in dem er auch noch selbst Regie führte. Erl zeichnet sich dadurch
aus, daß mit wenigen Requisiten ein handlungsfreundliches Bühnenbild geschaffen
wird, das dem Zuschauer die nötige Handlungsinformation voll nahe bringt.
So war es auch von Gustav Kuhn gedacht, der durch eine bewegliche weiße
Schicksalskugel, eingebettet in ein quadratisches Holzgehäuse, die Geschichte
des bereits alternden Don Giovanni nebst seinen Verführungskünsten gut
und bühnengerecht (Bühne Jan Hax HALAMA) erzählen ließ. Dazu paßten sich
die Originalkostüme aus der Zeit des 17. Jahrhunderts (Lenka RADECKY)
sehr gut an, da man ja die Urauffühungs-Fassung mit dem Libretto von Da
Ponte von Prag zeigte. Es hätte nur ein wenig mehr Bewegung der Figuren
gezeigt werden müssen, so daß manche Szenen den Eindruck einer konzertanten
Aufführung erweckten, vermutlich hervorgerufen tatsächlich durch die Urfassung.
In
der Titelpartie erlebte man Lucio GALLO, der diesen ältlichen Lebemann
mit gewohnt guter routinierter Stimmführung rollengerecht auf die Bühne
bringen konnte. Er ließ seine leichte Gehbehinderung wegen eines Probenunfalls
(Muskelfaserriß) ansagen - manchmal fiel ihm deshalb das Gehen sehr schwer
- was aber für diese Rolleninterpretation nicht störend wirke. Unter solchen
Umständen zu singen, ist eine Bravourleistung, und man kann ihm dafür
nur danken.
Als
Donna Anna erlebte man wieder Anna PRINCEVA, eine ungewöhnlich steigerungsfähige
Sopranistin, ihre Schlußarie wurde zum Höhepunkt des Abends, die sie mit
Intensität und Leidenschaft vortrug. Ferdinand von BOTHMER konnte seinen
Don Ottavio stimmlich ausreichend gut herüberbringen, anders kann man
diese ohnehin farblos gezeichnete Liebhaberfigur ohnehin nicht auf die
Bühne bringen. Sie braucht eine hervorragend geschulte Tenorstimme, und
diese seine Möglichkeiten hat Herr von Bothmer gut ausschöpfen können.
Sehr
gut auch Sabina von WALTHER als die unglückliche Donna Elvira. Wiederum
schoß die Interpretation eines Leporello den Vogel des Abends ab, den
Yasushi HIRANO mit einem fülligen profunden Baß und bester Gestaltungsfähigkeit
ausstattete. Johannes SCHMIDT als Comendatore wirke in Stimme und Gestaltung
(sein Duell mit Don Giovanni im 1. Akt fand leider für das Publikum uneinsehbar
hinter einer Säule statt) anfänglich blaß, konnte sich aber in der Friedhofszene
und zum Schluß doch steigern. Im 1. Akt hatte man zudem den Eindruck,
daß er in der ersten Szene zu früh auf die Bühne kam.
Eine
sehr gute Abendleistung erbrachte das Liebespaar Zerlina - Masetto (Sophie
GORDELADZE und Frederik BALDUS), ihrer beider Stimmen harmonierten, besonders
glänzte Frau Gordeladze in ihrer großen Arie, während Frederic Baldus
mit einer gut geschulten Stimme und darstellerisch perfekten Leistung
aufwarten konnte.
Wie
stets untermalte die Aufführung durch eine sehr gute Chorleistung die
CHORAKADEMIE DER TIROLER FESTSPIELE ERL unter ihrem Chorleiter Erich POLZ.
Mit
einer Erinnerung an einen wundervollen Mozart-Opernabend kehrte man nach
München zurück. I.St.
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