Irgendwann
in der letzten Spielzeit - vermutlich um die Zeit der Veröffentlichung
des neuen, leidlich unspektakulären Spielplans der Hamburgischen Staatsoper,
fiel mein Entschluß, mein lange angedachtes Projekt "Deutschland, deine
Opernhäuser" in Angriff zu nehmen: Ich möchte in jedem Opernhaus Deutschlands
mindestens einmal gewesen sein - nach meiner Zählweise sind das immerhin
86.
So
verschlug es mich nun also in das nördlichste Opernhaus, in dessen auch
um 21 Uhr noch gut bevölkerter, ungewöhnlich langer Einkaufsmeile, es
nicht nur ein hervorragendes Eis, sondern auch ein erschreckend geringes
Angebot an Leuchtturm bezogenen Dingen zu erwerben gibt.
Das
SH-Landestheater ist eigentlich eine Einrichtung, die häufig in norddeutschen
Städten kleinere bis mittlere Säle bespielt und in Flensburg und Schleswig
seine festen Hauptspielorte hat. Letzterer ist jedoch einsturzgefährdet,
so daß dieses Theater momentan nicht bespielt werden kann, was überdies
zur Folge hat, daß der Fortbestand des gesamten Landestheaters in Frage
steht!
Daß
dies qualitativ nicht mal ansatzweise gerechtfertigt ist, zeigte die besuchte
Vorstellung vom "Barbier von Sevilla". Wie es an C-Häusern durchaus nicht
unüblich ist, wurde auch hier die deutsche Version gespielt, welche von
Richard Bletschacher verantwortet wurde. Das Stück wurde vom Operndirektor
Markus HARTEL behutsam und routiniert modernisiert. Die Inszenierung bleibt
zwar nicht so im Gedächtnis haften wie die brüllend komische Produktion
von Annette Leistenschneider in Lübeck, aber sie erfüllt ihren Zweck,
indem sie die Handlung, ohne je ins Lächerliche abzugleiten, grundsolide
auf die Bühne bringt. Udo HESSE entwarf dazu die passenden Kostüme.
Musikalisch
lebte der Abend vor allem durch die Leistungen der beiden männlichen Protagonisten.
Jin Hak MOK nennt einen leichten, dabei aber durchaus virilen, wundervoll
fokussierten und technisch höchst souveränen Tenor sein Eigen. Diesen
setzte er gepaart mit sehr präsentem Spiel mit Charme und angemessener
Verve ein. Sein einziges Manko war, daß er die Arie im Finale nicht sang...
Dem
stand Joa HELGESSON (Figaro) in nichts nach. Auch wenn das Material eigentlich
nach den großen Heldenbariton-Partien schreit, besitzt er eine hinlänglich
flexible Stimme, um die Anforderungen Rossinis blendend zu bewältigen.
Auch ihm war die Spielfreude jederzeit anzumerken. Mehr davon, bitte!
Nicht
so ganz mithalten konnte da Svitlana SLYVIA (Rosina). Sie machte zwar
nichts falsch, abgesehen von dem einen oder anderen leicht trutschigen
Moment, aber so wirklich sprang der Funke bei mir einfach nicht über.
Markus
WESSIACK sang einen solide kauzigen Bartolo und zeigte dabei vor allem
Stärken im sogar verständlichen (!) Parlando. Kai-Moritz von BLANCKENBURGs
Basilio mangelte es ein wenig an der rechten Phrasierung, wodurch gerade
seine Arie etwas zu abgehackt klang. Brigitte BAYER (Marzelline) und Alexej
LYKOV (Fiorello, Offizier, Notar) ergänzten solide.
Am
Pult der SCHLESWIG-HOLSTEINER SINFONIKER waltete Peter GEILICH. Er hielt
das Orchester und die Bühne zwar über die meiste Zeit zusammen, lediglich
im "Buona notte, mio Signore" verpatzten Mok und Slyvia regelmäßig ihre
Einsätze. Allerdings fehlte dem Dirigat doch eine gehörige Portion an
Spritzigkeit und Italianita. Es klang zu "deutsch". Der CHOR unter der
Leitung des ehemaligen Mitglieds des Chors der Hamburgischen Staatsoper
Bernd STEPPUTTIS leistete solide Arbeit. WFS
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