Verdis
Freiheitsoper feierte im Neuen Festspielhaus in Erl eine wahre Auferstehung
in einer durchdachten Inszenierung von Andreas LEISNER, die nicht nur
eine sehr gute Personenregie aufwies, sondern auch die sonst kahle Bühne
nur durch bewegliche Gitterstäbe in ein jüdisches Zeltlager und Tempel
sowie babylonische Königssäle verwandelte. Mehr Requisiten sind auch gar
nicht nötig, um die Handlung der Oper geistig vor Augen zu haben, zumal
auch die nostalgischen Kostüme von Lenka RADECKY dazu ihr sinnvolles Übriges
taten. Dieses Neue Festspielhaus, äußerlich in dunkelgrau gehalten, ist
ein durchdachter großräumiger Bau (scherzhafterweise wird er Tarnkappenbomber
genannt), in dem man sich beim Eintreten schon wohlfühlen kann. Der Saal
hat eine hervorragende Akustik auf jedem Platz, so daß der Hausherr Gustav
KUHN mit seinem ORCHESTER (dieses Mal hat man an einen Orchestergraben
gedacht) seine gewohnte und doch neu erscheinende Klangfülle aufwies.
Für
Verdis erste erfolgreiche Oper, die während der österreichischen Besatzung
Italiens entstand und durch seinen Gefangenenchor zur insgeheimen Nationalhymne
Italiens wurde, hatte der Chef des Hauses Gustav Kuhn nicht nur durch
seine präzise notengenau dirigierte Ouvertüre auf einen glanzvollen Opernabend
eingestimmt, sondern aus seinen Sängern und Sängerinnen der Accademia
di Montegral eine Bestwahl getroffen, denen er eine hervorragende Sängeruntermalung
geboten hat.
Als
Nabucco erlebte man an diesem Abend Thomas GAZHELI, der sonst meist für
Richard-Wagner-Partien eingesetzt wird, und der sich wohl in dieser Rolle
selbst übertraf, indem er die Titelpartie mit einer ausgezeichneten kräftigen
Italianitá ausstattete, lediglich bei der letzten Arie "Dio di Giuda"
waren winzige Stimmanstrengungsmerkmale zu bemerken, alles in allem schien
er für diese Rolle eine Idealbesetzung. Der sonst etwas farblos erscheinenden
Rolle des Ismaele konnte Alessandro LIBERATORE mit ausgezeichneten Tenorhöhen
und einer perfekten Bühnenpresenz einen sehr guten Stempel aufdrücken.
Den
Vogel des Abends schoß Andrea SILVESTRELLI als Zaccaria ab, dessen in
die Schwärze gehende Baß-Stimme sehr an den unvergessenen Gottlob Frick
erinnerte, gewaltig und doch mit Baß-piani ausgestattet brachte er seine
Rolle zum Publikum. Anna PRINCEVA als Abigaille bewältigte diese ihre
Partie mit ihrer lyrischen Sopranstimme sehr, sehr gut, obwohl man ja
gewohnheitsgemäß darin immer einen dramatischen Sopran sucht. Michela
BREGANTIN als Fenena konnte stimmlich und darstellerisch voll überzeugen.
Auch
die kleineren Partien waren sehr gut besetzt, so Giulio BOSCHETTI als
Gran Sacerdote di Belo, Patrizio SAUDELLI als Abdallo und letztendlich
Sandra PASTRANA als Anna. Die CHORAKADEMIE DER TIROLER FESTSPIELE ERL
in Zusammenarbeit mit der CAPELLA MINSK unter den Chorleitern Marco MEDVED
und Ljudmila EFIMOVA trug schon allein durch den Gefangenenchor "Va pensiero"
erheblich zum Gelingen dieses einmaligen Opernabends bei. Das Bühnenlicht,
von Wolfgang von ZOUBEK und von Maestro Kuhn gemeinsam sehr gut ausgedacht,
konnte die einzelnen Szenen glaubhaft verändern.
Man
wird diese gelungene Premiere im Neuen Festspielhaus in Erl kaum vergessen
können. ISt
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