Zu
einem Kleinbayreuth entwickelt sich das Mini-Örtchen in Tirol Erl, das
auch in diesem Jahr wieder so gängige Richard-Wagner-Opern wie "Tannhäuser",
"Die Meistersinger von Nürnberg" und "Parsifal" im Programm hat. Hier
ist der "Tannhäuser" zu besprechen, dessen Interpretation durch Gustav
KUHN nicht klangschöner hätte wiedergegeben werden können. Man führte
die Pariser Fassung 1861 auf.
Durch
die schon jahrelang durchgeführte Plazierung des Orchesters im hinteren
Bühnenteil, die man so nur in Erl erleben mag, wird eine ganz besondere
Klangfülle erzeugt, die eine Oper, gerade von Richard Wagner, noch präziser
herüberbringen kann, hier wird kein Ton verwischt. Mit sechs Harfen und
sechs mittelalterlich geformten Stühlen eine Sängerhalle zu erzeugen,
den Venusberg mit einer Art liegendem blauen Sonnensegel darzustellen
(allerdings waren hier die Bacchantinnen zu brav gekleidet), Elisabeth
im Gebetsstuhl sitzend in die Ewigkeit eingehen zu lassen, das sind bravouröse
Regie-Ideen, die absolut mit der Musik konform gehen, und man nutzte die
verkleinerte Bühne (Folko WINTER) voll aus. Die Kostüme (Lenka RADECKY)
waren dem angedeuteten Mittelalter in Rot und viel Gold ausgestattet;
was allerdings die grünen Hutgebilde der Gäste auf der Wartburg ausdrücken
sollten, war nicht zu erkennen.
Zudem
enthielt diese Inszenierung, die ganz auf Liebe und Erlösung ausgerichtet
war (Schlußszene) u.a. einige weitere gute Einfälle, so im 2. Akt das
Festhalten aller Minnesänger bis auf Tannhäuser an der Gotteserleuchtung
(Kronleuchter), um sich der reinen Liebe zu ergeben. Die Sängerinnen und
Sänger der Accademia di Montegral, die Gustav Kuhn ins Leben gerufen hat,
um sich ein ausgezeichnetes Sängermaterial zu formen, bestritten diesen
Abend und waren teilweise in guter Abendform.
Die
schwierige Titelpartie, an der viele Tenöre zu knabbern haben, sang der
mexikanische Tenor Luis CHAPA, der seine Partie nicht akzentfrei, aber
mit guter Höhe sang. Für die Verdipartie des Otello allerdings könnte
man sich für diese Stimme mehr erwärmen. Da Richard Wagner wie auch hier
seine Libretti selbst schrieb und mit einem heute kaum noch gebräuchlichen
Text versah, spielte es keine Rolle, daß Frau Venus Mona SOMM ihre Partie
zwar sehr gut, aber wenig textverständlich, sang.
Der
ganz in Gold auftretende Landgraf Hermann von Thomas GAZHELI war rollengerecht
gestaltet und gesungen, während den absoluten Vogel des Abends Michael
KUPFER als Wolfram von Eschenbach abschoß. Sein warmer und vollendet geschulter
Bariton stach während des ganzen Abends hervor und brachte sein ausdrucksbetontes
Lied an den Abendstern zum Höhepunkt des Abends. Die Rolle der Elisabeth
sang Arpiné RAHDIJAN rollengerecht, leider neigt diese Stimme etwas zum
Forcieren, deshalb kamen manche Töne zu schrill herüber.
Den
jungen Hirten ließ Gustav Kuhn glücklicherweise anstelle der sonst gelegentlich
diese Partie verkörpernden Knabenstimme von einer stimmschönen Sopranstimme
gestalten, nämlich Michelle BUSCEMI, was dieser Rolle musikalisch nur
förderlich erscheinen mag. Die Sängergilde Biterolf von Julian ORLISHAUSEN,
Reinmar von Zweter Michael DOUMAS, Heinrich der Schreiber Wolfram WITTEKIND,
Walther von der Vogelweide Ferdinand von BOTHMER (möge man ihn doch weiterhin
in größeren Rollen hören und sehen) und die vier Edelknaben, wiederum
die weiblichen Stimmen von Chiara ALBANO, Helena LACKNER, Luano MAIORANO
und Irene RIPA fügten sich sehr gut ein.
Besonders
ist die sehr gut gespielte Harfe von Antonio OSTUNI zu erwähnen, der noch
dazu in der stummen Rolle eines Schutzsuchenden am Schluß in den Armen
von Elisabeth mitwirkte. Die CHORAKADEMIE DER TIROLER FESTSPIELE ERL unter
der Leitung von Marco MEDWED verkörperte Pilger und Festgäste auf der
Wartburg und integrierte sich bestens in das Handlungsgeschehen. Was mag
Gustav Kuhn nebst Vizeintendant Andreas Leisner (der im übrigen hier als
Dramaturg arbeitete) fürs nächste Jahr einfallen, um dieses ländliche
Kleinod noch weiter auszufeilen? I.St.
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