Nach
Erl zum Festspielsommer zu reisen, stellt für Opernbesucher immer wieder
ein Erlebnis dar. Gerne nimmt man die umständliche Bahnreise aus München
in Kauf, um außergewöhnliche und doch sehbare Inszenierungen zu erleben,
die immer durchdacht sind und keinerlei Veränderungen der zu erzählenden
Opernhandlung vorgenommen haben. An diesem Abend war es Mozarts letztes
Bühnenwerk "Die Zauberflöte", das werkgerecht und musikalisch hochkarätig
durch den Leiter des Festivals Gustav KUHN auf die kahle karge Bühne ohne
Kulissenbeiwerk interpretiert wurde.
Gustav
Kuhn zeichnet sich auch durch eine außergewöhnliche Orchesterplazierung
aus, in dem er das Orchester stets hinter das Handlungsgeschehen setzt,
seine Einsätze für die Protagonisten erfolgen durch Einsicht derselben
in vor der Bühne befindliche Monitore, so daß er dadurch eine besondere
reizvolle Klangfülle schafft, die besonders bei dem Werk Mozarts zum Einsatz
kam. Die vermißten Kulissen ersetzten bravourös die Erler KINDER, die
sich sogar als die "böse Schlange" im 1. Bild bewegten, und die sich im
Laufe des Abends auch als die sogenannte Kulissenschieber betätigen konnten.
Diese Kinder waren überhaupt der Mittelpunkt dieser Produktion, da man
vorweg, wie das Programmheft ausweist, rund 3000 Kinder und Jugendliche
aller Schultypen eingeladen hatte, sich mit dieser Oper auseinanderzusetzen,
und die selbst Kostümfigurinen (Papageno u. Co.) aufzeichnen durften.
Aus diesen 400 Zeichnungen konnte die Kostümbildnerin Lenka RADECKY zusammen
mit Gustav Kuhn Inspirationen für dieses Werk übernehmen. Die Kostüme
waren durch diese Figurinen annähernd traditionell entworfen.
Die
Inszenierung wurde vom Intendanten und musikalischen Leiter Gustav Kuhn
selbst, wie alljährlich, übernommen und zusammen mit dem Vizeintendanten,
Regisseur und Dramaturgen Andreas LEISNER bestens auf die Bühne gebracht.
Spannend und in präziser Orchesterleistung wurde die "Zauberflöte" erzählt.
Die Regie hatte auch noch eine für uns befremdliche, aber doch werksgerechte
Idee, die Rolle des Sarastro im Sprechtext mit einer Frau, der Schauspielerin
Brigitte KARNER, und in den gesanglichen Texten mit der profunden Baß-Stimme
von Pavel SHMULEVICH zu besetzen, sozusagen den allgewaltigen priesterlichen
Freimaurerfürsten Sarastro als Zwitterwesen auf die Bühne zu bringen,
auch könnte man meinen, er schuf sich, weil im Rollstuhl befindlich, eine
weibliche Nachfolgerin schon zu Lebzeiten. Eine etwas merkwürdige, aber
doch sinnvolle Regie-Idee, obwohl man sich doch lieber einen kraftvoll
männlichen Sarastro auf der Bühne in Zukunft erwartet.
In
der Sängerauswahl hatte man im Großen und Ganzen eine glückliche Hand,
zumal die meisten der Protagonisten aus der Accademia di Montegral stammten,
die Gustav Kuhn in Italien für seine Sänger sozusagen als Fortbildungsseminar
eingerichtet hat. In der Reihenfolge des Programmzettels erlebte man eine
Pamina von Anett FRITSCH mit hervorragender Stimmdisposition mit unglaublich
reinen Pianihöhen, einen ausdrucksvollen Sprecher von Oskar HILLEBRANDT,
einen leider zu wenig lyrisch singenden Michael BABA als Tamino (der im
übrigen seine "Zauberflöte" im Orchester suchte), eine höhensichere Cigdem
SOYARSIAN als Königin der Nacht mit ausgefeilten Koloraturen und einen
ausreichend singenden Monostatos von Wolfram WITTEKIND. Eine Glanzleistung
in der Stimmharmonie ist von den drei Damen Cornelia HORAK, Anahita AHSEF
und Martina TOMCIC erbracht worden.
Den
Vogel an diesem Abend schoß Johannes SCHMIDT als Papageno ab, humoristische
Darstellungsfähigkeit und absolute Ausdrucksstärke in seinen gesanglichen
Darbietungen machten ihn zum Mittelpunkt, zumal er mit samt seiner Papagena
Silga TIRUMA schon allein durch die Kostüme eine Besonderheit war. Die
Priester waren mit Markus HERZOG und Michael DOUMAS ausreichend besetzt,
während es eine Freude war, als drei Knaben drei ausgesuchte, hervorragend
singende fernöstliche Damen in annähernden Kostümen zu erleben, die da
waren Michiko ECHIGOYA, Michiko WATANABE und Misaki ONO. Man kann wirklich
die bei "Zauberflöten"-Aufführungen eingesetzten Knabenstimmen, oft indisponiert,
für diese Rollen nicht mehr hören. Auch die beiden Geharnischten Rouwen
HUTHER und Dirk ALESCHUS taten ihr Bestes.
So
wird diese Aufführung, schon allein durch die Erler Kinder (Volksschule
Kematen und ihren Lehrern) immer wieder zu einem Erlebnis werden, und
die Touristen aus allen Ecken anziehen können. I.St.
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