"DIE MEISTERSINGER VON NÜRNBERG" - 11. Juli 2009

Mit den alten verstaubten Traditionen zu brechen, war die Inszenierungs-Idee von Gustav KUHN, der auch die musikalische Leitung dieser Aufführung inne hatte. So war das ORCHESTER DER TIROLER FESTSPIELE wie jedes Jahr, dieses Mal pyramidenförmig, im hinteren Teil der Bühne plaziert, die Handlung wurde in die Jetztzeit verlegt, die Meistergilde nebst Anhang erschien in farbig überbetonten historischen Talaren des spätmittelalterlichen Nürnberg mit Ausnahme des Hans Sachs, der sich nur im 1. Akt zögerlich sich mit einem historischen Umhang bekleiden ließ, und der auch keine Schusterstube mehr besaß.

Die Szene Sachs/Beckmesser im 2. Akt hatte zwei Musikerinnen auf der Bühne, eine Rührtrommel als Gemerk ersetzte den Schusterhammer des Sachs, und die Laute des Beckmesser für sein Ständchen an Eva wurde durch eine Harfenistin ersetzt. Auch durften Laptop und "Bild"-Zeitung im 1. Akt auf dem Meistertisch in der Kirche nicht fehlen, lediglich ein Fliederbusch vor Sachsen Haus konnte den Fliedermonolog glaubhaft machen. Eine verschiebbare Holzkonstruktion auf der Bühne machte die Szenen erkennbar, jeder Zuhörer konnte dadurch seine eigene Phantasie walten lassen. Nur bei der Festwiese hatte man so seine Vorstellschwierigkeiten, da der Einzug der Meister merkwürdige Requisiten zeigte trotz der Schuhe beim Einzug der Schuster, die Schneidergilde verkörperten Sonnenbrillen tragende Mädchen offenbar der Erler Dorfjugend, lediglich die Bäcker konnte man ausreichend identifizieren. Während des Preislieds die Talare abzuwerfen, trug endgültig dazu bei, daß sich bei der Meistergilde etwas verändern mußte und letztlich auch verändert hat.

Die Musikalität des Werks war durch das einfühlsame Dirigat von Gustav Kuhn in Höchstform gegeben, nur traf Gustav Kuhn bei der Sängerwahl nicht ganz ins Schwarze. Die unübertroffene Leistung von Oskar HILLEBRANDT als Sachs, der zudem auch noch eine perfekte Darstellung erbrachte, wird lange im Gedächtnis bleiben, souverän meisterte er seine Partie, gerade "Wahn, Wahn, überall Wahn" fand gebannte Zuhörer. Als Veit Pogner konnte man wieder Franz HAWLATA erleben, der seinen Part ausreichend, auch darstellerisch, wiedergeben konnte. Als Beckmesser hatte man Martin KRONTHALER verpflichtet, stimmlich glänzend disponiert, nur fehlt seiner Darstellung das Intrigante eines Beckmessers. Seine pantomimischen Wahnvorstellungen im 3. Akt kamen sehr einstudiert herüber.

Die übrigen Meister wie Giorgio VALENTA als Kunz Vogelsang, Andrea MARTIN als Konrad Nachtigall, Thomas GAZHELI als Fritz Kothner, Wolfram WITTEKIND als Balthasar Zorn, Ulfried HASELSTEINER als Ulrich Eisslinger, Markus HERZOG als Augustin Moser, Ludovik KENDI als Hermann Ortel, Dirk ALESCHUS als Hans Schwarz und Michael DOUMAS als Hans Foltz waren rollengemäß besetzt und sangen ihren Part ganz ordentlich.

Michael BABA als Walther von Stolzing zu engagieren, kann man als geglückt bezeichnen, obwohl seine Darstellung des jungen Ritters etwas hölzern erschien, seine lyrische wohlklingende Tenorstimme reichte aber für diese Partie aus. Leider war man durch die Entkleidung der Meister während seines gut gesungenen Preislieds von diesem abgelenkt. Eine sehr gute Rollenbesetzung unter der Herrenriege war Andreas SCHAGERL als David, eine abgerundete und kräftige textverständliche Tenorstimme, die dazu noch über ein sehr gutes Darstellungsvermögen verfügt. Eine weiterführende Karriere dürfte ihm durch diese Leistung in Erl gesichert sein.

Maria GESSLER als Eva war blaß. Bis zum letzten Akt, in dem eine Eva-Interpretin viel zu singen hat, war keine Steigerung zu erkennen. Hermine HASELBÖCK als Magdalena konnte ihren Part ausreichend herüberbringen.

Den Nachtwächter im hintersten Teil der Bühne beim Orchester zu postieren, war eine hervorragende Idee, damit schaffte man für diese kleine Partie, gesungen von Carsten WITTMOSER, eine bleibende Erinnerung.

Alles in allem darf man zu den "Meistersingern" der anderen Art den Festspielen Erl gratulieren. Aber: "Verachtet mir die Meister nicht, und ehrt mir ihre Kunst" - Sachs' Schlußgesang findet gerade bei dieser Inszenierung eine besondere Bedeutung. ISt