Mit
den alten verstaubten Traditionen zu brechen, war die Inszenierungs-Idee
von Gustav KUHN, der auch die musikalische Leitung dieser Aufführung inne
hatte. So war das ORCHESTER DER TIROLER FESTSPIELE wie jedes Jahr, dieses
Mal pyramidenförmig, im hinteren Teil der Bühne plaziert, die Handlung
wurde in die Jetztzeit verlegt, die Meistergilde nebst Anhang erschien
in farbig überbetonten historischen Talaren des spätmittelalterlichen
Nürnberg mit Ausnahme des Hans Sachs, der sich nur im 1. Akt zögerlich
sich mit einem historischen Umhang bekleiden ließ, und der auch keine
Schusterstube mehr besaß.
Die
Szene Sachs/Beckmesser im 2. Akt hatte zwei Musikerinnen auf der Bühne,
eine Rührtrommel als Gemerk ersetzte den Schusterhammer des Sachs, und
die Laute des Beckmesser für sein Ständchen an Eva wurde durch eine Harfenistin
ersetzt. Auch durften Laptop und "Bild"-Zeitung im 1. Akt auf dem Meistertisch
in der Kirche nicht fehlen, lediglich ein Fliederbusch vor Sachsen Haus
konnte den Fliedermonolog glaubhaft machen. Eine verschiebbare Holzkonstruktion
auf der Bühne machte die Szenen erkennbar, jeder Zuhörer konnte dadurch
seine eigene Phantasie walten lassen. Nur bei der Festwiese hatte man
so seine Vorstellschwierigkeiten, da der Einzug der Meister merkwürdige
Requisiten zeigte trotz der Schuhe beim Einzug der Schuster, die Schneidergilde
verkörperten Sonnenbrillen tragende Mädchen offenbar der Erler Dorfjugend,
lediglich die Bäcker konnte man ausreichend identifizieren. Während des
Preislieds die Talare abzuwerfen, trug endgültig dazu bei, daß sich bei
der Meistergilde etwas verändern mußte und letztlich auch verändert hat.
Die
Musikalität des Werks war durch das einfühlsame Dirigat von Gustav Kuhn
in Höchstform gegeben, nur traf Gustav Kuhn bei der Sängerwahl nicht ganz
ins Schwarze. Die unübertroffene Leistung von Oskar HILLEBRANDT als Sachs,
der zudem auch noch eine perfekte Darstellung erbrachte, wird lange im
Gedächtnis bleiben, souverän meisterte er seine Partie, gerade "Wahn,
Wahn, überall Wahn" fand gebannte Zuhörer. Als Veit Pogner konnte man
wieder Franz HAWLATA erleben, der seinen Part ausreichend, auch darstellerisch,
wiedergeben konnte. Als Beckmesser hatte man Martin KRONTHALER verpflichtet,
stimmlich glänzend disponiert, nur fehlt seiner Darstellung das Intrigante
eines Beckmessers. Seine pantomimischen Wahnvorstellungen im 3. Akt kamen
sehr einstudiert herüber.
Die
übrigen Meister wie Giorgio VALENTA als Kunz Vogelsang, Andrea MARTIN
als Konrad Nachtigall, Thomas GAZHELI als Fritz Kothner, Wolfram WITTEKIND
als Balthasar Zorn, Ulfried HASELSTEINER als Ulrich Eisslinger, Markus
HERZOG als Augustin Moser, Ludovik KENDI als Hermann Ortel, Dirk ALESCHUS
als Hans Schwarz und Michael DOUMAS als Hans Foltz waren rollengemäß besetzt
und sangen ihren Part ganz ordentlich.
Michael
BABA als Walther von Stolzing zu engagieren, kann man als geglückt bezeichnen,
obwohl seine Darstellung des jungen Ritters etwas hölzern erschien, seine
lyrische wohlklingende Tenorstimme reichte aber für diese Partie aus.
Leider war man durch die Entkleidung der Meister während seines gut gesungenen
Preislieds von diesem abgelenkt. Eine sehr gute Rollenbesetzung unter
der Herrenriege war Andreas SCHAGERL als David, eine abgerundete und kräftige
textverständliche Tenorstimme, die dazu noch über ein sehr gutes Darstellungsvermögen
verfügt. Eine weiterführende Karriere dürfte ihm durch diese Leistung
in Erl gesichert sein.
Maria
GESSLER als Eva war blaß. Bis zum letzten Akt, in dem eine Eva-Interpretin
viel zu singen hat, war keine Steigerung zu erkennen. Hermine HASELBÖCK
als Magdalena konnte ihren Part ausreichend herüberbringen.
Den
Nachtwächter im hintersten Teil der Bühne beim Orchester zu postieren,
war eine hervorragende Idee, damit schaffte man für diese kleine Partie,
gesungen von Carsten WITTMOSER, eine bleibende Erinnerung.
Alles
in allem darf man zu den "Meistersingern" der anderen Art den Festspielen
Erl gratulieren. Aber: "Verachtet mir die Meister nicht, und ehrt mir
ihre Kunst" - Sachs' Schlußgesang findet gerade bei dieser Inszenierung
eine besondere Bedeutung. ISt
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