Mit
einer ansprechenden, zeitgerechten und durchdachten Wiederaufnahme der
Inszenierung (Regie David McVICAR, szenische Leitung Fabian von MATT)
von Giuseppe Verdis Meisterwerk in der französischen Fassung "Don Carlos"
überraschte die Oper Frankfurt. Das Bühnenbild von Andrew GEORGE ging
voll auf die verschiedenen Charaktere der einzelnen Schillerschen Figuren
ein, die eingesperrt in die Enge der damaligen höfischen Welt nach dem
spanischen Hofzeremoniell dies in einem grauen bis zur Höhe der Bühne
reichenden Sandsteingebilde ausleben mußten. Das erzeugte bereits zu Beginn
im Fontainebleau-Akt die nötige Spannung zum kommenden weiteren Handlungsgeschehen,
da das Bühnenbild für die einzelnen Szenen durch die heutige Bühnentechnik
immer wieder verändert werden konnte.
Das
überragende Dirigat von Stefan Anton RECK trug wesentlich mit seiner dem
Kompositionsgedanken Verdis voll entsprechenden Stabführung zur Spannung
der Handlung bis zum Schluß der Oper bei. Die meisten der Protagonisten
kamen aus dem Ensemble der Frankfurter Oper, ein Glücksfall für dieses
Opernhaus, hier solche Stimmen zu haben oder gehabt zu haben.
Allen
voran der Träger der Titelrolle, der Koreaner Yonghoon LEE mit einer außergewöhnlichen
Italianitá (diese findet man selten bei fernöstlichen Sängern) und prägnanten
Höhe, ihm zur Seite als Elisabeth von Valois Elza van den HEEVER mit kräftigen
und ausdrucksvollen Pianohöhen. Zeljko LUCIC als Posa, der sich unter
seinen alten Kollegen sichtlich wohl zu fühlen schien, war in "väterlicher"
Rollengestaltung und ihm eigenen wohlklingen Baritontönen (eindrucksvoll
der Tod des Posa) zu erleben, der noch junge Bassist Bálint SZABÒ als
Philipp mit noch jugendlichen Baßtönen (in einigen Jahren wird er den
Philipp wirkungsvoller erbringen können) und eine bestdisponierte Michaela
SCHUSTER, die als Eboli verführerisch und intrigant diese Rolle darstellen
konnte.
Der
Großinquisitor von Gregory FRANK konnte nicht besser dargestellt und gesungen
werden, die Stimme von oben Brenda RAE konnte ihre Aufgabe mit wundervollen
Soprantönen sehr gut erfüllen. Ein Mönch (Carlo V.) und der Page Tebaldo,
gesungen von Simon BAILEY und Paula MURRIHY, fügten sich sehr gut in das
Ensemble ein, ebenso die flandrischen Deputierten Sungkon KIM, Jan POLESKI,
Yurly TSIPLE, Florian ROSSKOPP, Gaku SUMIDA sowie Dong-Jun WANG, deren
Sextett des Begehrens der Flandern nach Freiheit und Selbstregieren zu
einem Höhepunkt des Freiheitsdenkens wird und immer ein Höhepunkt der
Oper vor der Pause darstellt.
Das
Autodafé erschien wohl gelungen, leider war nicht ganz zu verstehen, warum
die Ketzer ihrer Verbrennung, vor der Rampe kniend, zusehen mußten. Der
Tod des Carlo am Ende der Oper entgegen der sonstigen Entrückung durch
Karl V. erschien sehr durchdacht, da der historische geistesschwache Carlo
mit 23 Jahren verstarb (beeindruckend die Darstellung der Todesszene durch
Bálint Szabó und Yonghoon Lee). Eine vorweihnachtliche unvergessene Freude
für einen "Don Carlos"-armen Münchner Opernbesucher. ISt
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