Das
Recital, welches aus Anlaß des dreißigjährigen Scala-Jubiläums Leo NUCCIs
gegeben wurde, bot einen Querschnitt seiner Partien an diesem Haus, enthielt
also neben dem leider unvermeidlichen "Largo al factotum" als Auftrittslied
(fast) alle wichtigen Bariton-Reißer von Donizetti bis Puccini mit einem
Schwerpunkt auf seinen Verdi-Glanzrollen.
Gleichzeitig
brachte es den großen Pluspunkt dieses Sängers zutage. Leo Nucci besitzt
nicht die schönste Stimme seines Fachs, ist aber ein begnadeter Schauspieler,
dem es wichtig scheint, die Gedanken und Gefühle der jeweiligen Figur
punktgenau dem Zuschauer vor Augen zu führen. Mühelos wechselte er dabei
die Charaktere, war herrlich selbstironisch ein gockelnder Belcore ("Come
Paride vezzoso"), wo er kurz zuvor ein furchteinflößendes "Cruda, funeste
smania" gesungen hatte.
Damit
- wie mit den langanhaltenden Schlußtönen (Stimmprotz pur) - traf er den
Nerv seiner Fans, die ihm an diesem Abend egal ob für Macbeth, Renato,
Jago, Gianni Schicchi, Luna oder Carlos di Vargas beinahe ekstatisch feierten.
Dazwischen
gab es für das nicht-italienische Ohr beeindruckend lyrische Momente wie
z. B. "O vecchio cor" ("I due Foscari") oder ein wunderschön phrasiertes
"Per me giunto".
Der
langanhaltende Applaus wurde mit vier Zugaben belohnt. Die Arien von Giorgio
Germont und Carlo Gerard, beides Partien, die Leo Nucci bisher nicht an
der Scala gesungen hat, dazu der ebenfalls unvermeidliche, aber schön
gesungene Tosti-Song ("Non t'amo piu") und "Mamma", bei welchem der Bariton
die Zuschauer zum Mitsingen des Refrains animieren konnte - und man muß
sagen, daß das Scala-Publikum besser klang und mehr zusammen war als so
mancher Opernchor, den ich bisher gehört habe.
Oper
mit Klavierbegleitung ist immer so eine Sache, und es ist überlegenswert,
ob ein Flügel u. U. für Rossini-, Donizetti- und frühe Verdi-Opern nicht
einen viel zu kräftigen Klang hat.
In
jedem Fall bedarf es aber eines sensibleren Begleiters als es James VAUGHAN
war, welcher einen recht harten Anschlag besitzt, meist viel zu laut spielte
und sich in keiner Weise Tempiwechseln oder anderen gesanglichen Variationen
anzupassen vermochte. Daß er mehrere Male daneben griff, war da nur ein
weiteres Manko.
Noch
eine kleine Bemerkung zum Schluß. Sowohl auf der Scala-Website, als auch
im Programmheft (sowie auf dem Plakat) ließ sich folgendes lesen: "Pieta,
rispetto, onore." Leo Nucci sang an jenem Montagabend dann aber doch verdikonform:
"Pieta, rispetto, amore." AHS
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