Wenn
"Aida" so hochkonzentriert von allen Beteiligten dargeboten wird, wie
es an diesem Abend in der Alten Oper in Koproduktion mit der Oper Frankfurt
der Fall war, vermißt man die Szenerie nicht einen Moment; das Sahnehäubchen
ist dann noch, wenn die Sänger auf dem Konzertpodium ihre Rollen leben,
wie es hier größtenteils der Fall war.
Bisher
hatte ich mit Norma FANTINI so meine Schwierigkeiten, zu unbeteiligt und
allgemein war sie mir in den meisten Rollen, die ich von ihr gehört hatte.
Bei der Aida war das anders. Mit langen Bögen und dramatischem Aplomb
durchmaß sie die Partie und vermochte dabei zu packen. Technisch war nichts
zu bemängeln; das Anschleifen von Tönen, das bei den letzten Begegnungen
negativ aufgefallen war, tauchte nicht auf.
Übertroffen
wurde sie noch von Ildikó KOMLOSI als furiose Amneris. Fiel zunächst die
exzellente Sprachbehandlung auf (das kurze Zögern vor dem "sorella" im
ersten Akt war wunderbar herablassend...), entfachte sie in der Szene
mit Aida und in der Gerichtsszene ein wahres Feuerwerk an Dramatik und
Leidenschaft. Gerade in der Gerichtsszene konnte man froh sein, daß die
Priester von ihr durch das Orchester getrennt waren, sonst hätte man um
diese wirklich fürchten müssen.
Ich
weiß ja, daß das mir zur Zeit holde Tenorglück nicht andauern kann und
wird. An diesem Abend endete es aber noch nicht. Stuart NEILL ist sicher
nicht der große Darsteller und Phrasierer, aber er singt die Partie bombensicher,
was weit mehr ist, als man von den meisten seiner Kollegen sagen kann.
Zudem hat die Stimme ein angenehm warmes Timbre, welches Aufhorchen läßt.
Der
Amonasro von Lucio GALLO ist eher ein kalkulierender Taktiker als ein
wilder Kriegsherr. Dieser König weiß, wie man Menschen manipuliert. Er
schafft es beispielsweise, Aida, gespickt mit schmeichelnden Pianissimi,
psychologisch so unter Druck zu setzen, damit sie tut, was er will, anstatt
sie anzubrüllen, wie man es häufig hört. Natürlich steht ihm auch die
Kraft für die dramatischen Ausbrüche zur Verfügung.
Magnus
BALDVINSSON bleibt als Ramphis, auch dadurch, daß er als einziger an den
Noten klebte, einiges an Gefährlichkeit schuldig. Ihm bricht gelegentlich
die Stimme aus der Gesangslinie aus, was die Wirkung ebenfalls beeinträchtigt.
Balint SZABÓ erreicht als König nicht wirklich, daß er in Erinnerung bleibt,
dazu wirkt sein Gesang zu wenig eindringlich. Die Priesterin von Britta
STALLMEISTER war hingegen auffällig im positiven Sinne, sie war in jeder
Lage präsent, während der Bote von Hans-Jürgen LAZAR in der unteren Lage
sich anhörte, als habe er heftige Halsschmerzen.
Der
CHOR und EXTRACHOR DER OPER FRANKFURT (Leitung Alessandra ZUPPARDO) dürfte
zu den besten Deutschlands gehören. Da fällt keine Stimme heraus, alles
klingt wunderbar homogen.
Paolo
CARIGNANI am Pult des FRANKFURTER MUSEUMSORCHESTERS musiziert die Partitur
aus, spürt jeder Kleinigkeit nach, wird dabei jedoch nicht akademisch,
sondern dirigiert einen äußerst lebendigen Verdi. Das Orchester folgt
ihm darin bedingungslos, kleinere Wackler, vor allem in den "Aida"-Trompeten,
fallen kaum ins Gewicht.
Es
war die dritte Produktion, die ich in Frankfurt sah, und wieder war der
Eindruck weit mehr als erfreulich. Das Haus ist wirklich einen Besuch
wert. MK
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