Daniel-François-Esprit
Auber, 1782 in Caen geboren, starb mitten während der Revolution der Commune
1871 in Paris. In seinem fast neunzigjährigen Leben hatte er noch einige
Revolutionen, Putsche (zwei, von Napoleon I. und III.) und zahlreiche
Kriege erlebt. Er begann, sehr jung zu komponieren, doch sein Vater schätzte
das nicht sonderlich und schickte ihn 1802 zu einer kaufmännischen Lehre
nach London. Nach seiner Rückkehr ging er zuerst zu Cherubini und nahm
Privatstunden in Komposition. Auber begeisterte sich bald für den zehn
Jahre jüngeren Rossini, von dem er die Accellerandi lernte. Eines ist
am Ende des 1. Akts des "Fra Diavolo" zu hören. Im 2. Akt ist das sehr
gelungene Männerquintett eine Kuriosität.
Er
verband sich dann mit Scribe, der für Auber nicht weniger als 38 Libretti
zu dessen über fünfzig Opern verfaßte, natürlich auch "Fra Diavolo". Scribe
konnte man damals nicht entkommen, denn er hat über fünfhundert Theaterstücke,
Opernlibretti, Vaudevilles und Schwänke produziert - nicht geschrieben.
Scribe hatte eine richtige Firma von Schreiberlingen, die seine Ideen
ausarbeiteten. Außer Auber waren auch Bizet, Boieldieu, Donizetti, Halévy,
Meyerbeer, Rossini u.v.a. seine Kunden. Er verhandelte auch die Verträge
mit den Theatern. Scribe inszenierte meist seine eigenen Stücke selbst
und war der Gründer der französischen Autorengesellschaft.
Obwohl
Auber mit "Die Stumme von Portici" 1828 die "Grand Opéra" begründete und
weltberühmt wurde, ist der sehr diskrete Komponist, der Pferde und schöne
Frauen liebte, heute praktisch vergessen. Das Ensemble "Amour Sacré de
la Patrie" der "Stummen" löste 1830 in Brüssel die belgische Revolution
aus. Auf deutschsprachigen Bühnen wurde "Fra Diavolo" (1830) noch nach
dem 2. Weltkrieg gespielt.
Das
rührige Théâtre Français de Musique spielt im neoklassischen Théâtre Impérial
in Compiègne (mit fabelhafter Akustik) seit ca. zwanzig Jahren wenig bekannte
französische Opern. Diesmal war es "Fra Diavolo", natürlich auf einen
Text von Scribe. Wie immer, hat der künstlerische Leiter Pierre JOURDAN
inszeniert und der flotten Intrige, voll von Absurditäten, das nötige
Tempo und den Schwung für einen sehr netten Abend eingeflößt. Das ORCHESTRE
FRANÇAIS ALBÉRIC MAGNARD, das Kammerorchester der Picardie, wurde von
Michel SWIERCZEWSKY, einem Spezialisten dieses Repertoires, mit großem
Schwung und bester Einfühlung für die Sänger geleitet. Da die Handlung
von Räubern und Gendarmen handelt, ist die Musik oft recht martialisch.
In der Ouvertüre gibt es bereits ein brillantes Trompetensolo, das mehrmals
wiederholt wird. Die von Jean-Pierre CAPEYRON konzipierte, phantastische
Szenographie und die hübschen, kleidsamen Kostüme wurden in Metz fabriziert,
wohin diese Koproduktion übersiedelt ist.
Zwei
in Compiègne oft beschäftigte Sänger in den Hauptrollen dominierten die
Besetzung. Isabelle PHILIPE als Zerline ist eine ideale Verkörperung dieser
dramatischen Koloraturrolle. Ihre angenehme, sehr gut geführte Stimme
trägt ausgezeichnet, und sie singt innig ihre Liebe zu ihrem armen Carabinieri
Lorenzo. Die intelligente Sängerin spielt die Rolle nicht als larmoyante
Soubrette, sondern geschmackvoll dezent.
Philipe
DO in der Titelrolle brachte seinen geschmeidigen und sicheren Tenor in
dieser Rolle bestens zur Geltung. Er hat keinerlei Schwierigkeiten mit
den Höhen - er singt hohe Cs pianissimo in seiner großen Arie im 3.Akt
"Je vais marcher sous ma bannière" - und spielt den Lebemann und Räuberhauptmann
blendend. Denn er will ja nicht nur das Geld, sondern auch Zerline und
Lady Pamela verführen. Anne-Sophie SCHMIDT, wie immer sehr stimmfest,
war als Pamela eine verrückte, spleenige Engländerin, die Abenteuer verabscheut.
Nicht
überraschend, denn ihr Gatte ist ein steinreicher, langweiliger Lord,
"der nie lacht", von Franck CASSARD ausgezeichnet gespielt. Mathias VIDAL
als Carabinieri Corporal Lorenzo hat eine darstellerisch und stimmlich
schwere Rolle. Er muß auf Zerline eifersüchtig sein, denn Fra Diavolo
hat ihm erzählt, daß er mit ihr ein Rendezvous habe, und weiters einige
schwierige Arien meistern, die ein sehr umfangreiches Register erfordern.
In der Tiefe ist er allerdings fast unhörbar.
Die
beiden Komplizen spielten Lionel MUZIN (Beppo) und Paul MÉDIONI (Giacomo)
zwischen Bettler und Wegelagerer und sangen ihre Rollen passend.
Großer
Erfolg des begeisterten Publikums für einen fröhlichen, entspannenden
Abend. wig.
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