Daß
eine Oper in den ersten Jahren nach ihrer Uraufführung 27 Neuinszenierungen
erlebt, dürfte heute undenkbar sein. Und auch in den zwanziger Jahren
des vorigen Jahrhunderts war das zwar möglich, aber eine große Ausnahme.
Max Brands Oper über den Maschinisten Hopkins ist genau das passiert.
Uraufgeführt 1929 ist sie Paradebeispiel der Zeitoper und paßte daher
wunderbar in die Zeitopernreihe des Augsburger Theaters.
Im
„Hopkins“ kumuliert alles, wofür das Genre steht. Eine grelle Geschichte
aus der Arbeitswelt mit viel Sex and Crime, kraftvolle Maschinenmusik
und wilde amerikanische Jazz- und Tanzklänge. Die Kleinstbesetzung einer
Tanzcombo steht unverbunden neben orchestralen Massen, die Brands Lehrer
Franz Schreker alle Ehre gemacht hätten. Gekonnte Puccini-Referenzen neben
Banalem. Brüche aller Art sind Programm.
Auch
Augsburg gehörte damals zu den Bühnen, die bald Brands Oper spielten.
Diese Geschichte von Industriespionage, betrogener Liebe, Erpressung,
Mord, Prostitution und drohender Arbeitslosigkeit und Armut traf den Nerv
der Zeit. In der aktuellen Inszenierung von Intendant Ulrich PETERS verschreibt
man sich der Entstehungszeit und dem Stummfilm. Menschen wie Bühne sind
in schwarz/weiß gehalten, bleiche Gesichter, trostlose Industriebauten,
übergroße Zahnräder, Abflussrohre, aber auch Glamour in Hochhauskulisse
mit farbigen Backgroundsängern in gestreiften Westen und Shimmy-Tänzerinnen.
Metropolis lässt grüßen.
Und
so erlebt man in zweieinhalb Stunden eine Geschichte über sieben Jahre,
geborsten, bruchstückhaft, aber doch fesselnd durch die Musik, die jeder
Szene ihre eigene Note gibt. Und entdeckt sogar aktuelles, wenn die Arbeiter
plötzlich mitten in der Arbeit weggeschickt werden in die Unsicherheit
und Armut, ihre Fabrik geschlossen wird, nur weil es einem industriellen
Großkopf so gefällt.
Das
Augsburger Ensemble angeführt von Sally DU RANDT als weiblicher Hauptfigur
Nell, Stefan SEVENICH als zwiespältiger Hintergrundfigur Hopkins und Peter
BERNHARD als mordender Emporkömmling Bill, der natürlich am Ende untergeht,
leistet dem Stück gute Dienste. Besonders das PHILHARMONISCHE STAATSORCHESTER
unter Thomas KALB haucht der Musik jede Art von Leben ein, die es in den
einzelnen Szenen braucht.
Übrigens:
Max Brands zweite Oper wurde schon in den Proben kurz vor der Uraufführung
von den Nazis unterdrückt und ist verschollen. Brand selbst ging ins Exil,
konnte aber später nie wieder richtig Fuß fassen und starb 1980 vergessen
in Österreich. KS
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