GROßE LIEBE IN SCHLECHTEN ZEITEN

“Der Troubadour” von Giuseppe Verdi gilt nicht ohne Grund als große Oper mit vielen berühmten Arien, aber mit einer wenig durchschaubaren Handlung. Trotzdem blieben die Opernfreunde nicht vor ihrem heimischen CD-Player sitzen, sondern füllten zur Premiere am Freitag alle Plätze des Halberstädter Hauses.

Und sie erlebten erneut großes Musiktheater in einer flexibel auf den Punkt gebrachten, die zumeist nächtliche Handlung nicht noch optisch verkomplizierenden Ausstattung von Otto SUJAN. Kordula STÖVESAND schuf dazu stimmige, dem historischen Spanien angepasste Kostüme. Regisseur Paul FLIEDER arbeitet in szenischer Dichte mit Feinfühligkeit die Geschichte großer Liebe in einer brutalen Kriegszeit heraus. Dabei kann er auf schauspielerisch geschickt agierende Solisten mit einer großen Portion Italianitá in der Stimme bauen.

Katharina WARKEN bot mit schmerzhaft schönem Gesang eine Leonora voller Gefühl und meisterte die verzierten Passagen bis hin zur Cabaletta ebenso wie die darstellerische Herausforderung. Für ihre Koloraturen und dramatischen Ausbrüche gab es Szenenapplaus. Im Duett mit ihr wirkte Andreas JÖREN als ruhelos zwischen Sehnsüchten und Ängsten pendelnder Graf von Luna nuanciert, aber auch sonst routiniert und mit Pracht in den Höhen.

Yong Bae SHIN gefiel als Luna nicht nur blutsverwandter Manrico mit gefälligem Cantabile, tenoralem Timbre und einer hinreißenden Stretta, obwohl gelegentlich die Textverständlichkeit litt. Als feurige Zigeunerin Azucena besetzte Regisseur Paul Flieder mit Gerlind SCHRÖDER eine Sängerin, die es vermag, sowohl lyrische Passagen gekonnt herauszuarbeiten als auch das tiefe Mutterleid zu verdeutlichen. Mit kraftvoller Stimme und dramatischer Wucht schmettert sie fast dämonisch ihre Vergeltungsschwüre heraus.

Mit Bettina PIRAGS als Leonoras Vertraute Ines, Xiaotong HAN (Bote) und dem Bassisten Gijs NIJKAMP in der Rolle des Ferrando gelingt auch in den vermeintlich kleineren Rollen eine respektabel agierende Besetzung. Der 1. Kapellmeister des Hauses Torsten PETZOLD ließ einen differenzierten, nicht überpathetischen Verdi aus dem Orchestergraben erklingen, durchaus leidenschaftlich, aber ohne musikalische Effekthascherei. Zur runden Gesamtleistung tragen die großen Chorszenen bei, die Marbod KAISER mit seinem durch den ERSTEN FREIEN OPERNCHOF CORUSO verstärkten HAUSCHOR mit großer (männer-)stimmlicher, aber auch darstellerischer Präsenz einstudiert hatte. Uwe Kraus