Im
Stadttheater Itzehoe, einem architektonisch eigenwilligen Bau, gastierte
das Landestheater Detmold mit Wagners Mammutwerk. Die Akustik ist überraschend
gut, die Bestuhlung ist allerdings bei einer viereinhalbstündigen Vorstellung
etwas zu rustikal.
Das
Landestheater Detmold reist viel. Dies bedeutet, daß man in punkto Bühnenbild
(Michael ENGEL) Abstriche machen muß; man muß ja schnell auf- und abbauen
können. Allerdings hätte man dann auch unter diesen Umständen auf den
lauten Umbau vor der letzten Szene verzichten können, der das Orchester
übertönte. Eine Bühne, auf der sich nichts befindet, ist nicht reizlos,
aber nur dann, wenn der Regisseur mit seinen Sängern auch etwas anfangen
kann. Diesen Eindruck hatte man von Jan-Richard KEHLs Regie nicht. Gerade
der Sänger der Titelrolle hätte die Unterstützung des Regisseurs benötigt.
Das Regiekonzept enthielt vor allem Herumstehen. Der Auftritt von Lohengrin
- ohne sichtbaren Schwan - wurde ziemlich verschenkt, indem einfach nur
ein Vorhang fiel. Ortrud stand im Zentrum des Konzeptes; daß sie allerdings
des Vorspiels via Kreideschrift mit Gottfried korrespondierte, brachte
dem Stück nicht wirklich ein anderes Verständnis.
Die
Kostüme der Damen waren in Ordnung, eigentlich auch die der Herren, allerdings
verschenkte es eine Menge Effekt, daß Lohengrin nun fast das gleiche (nur
etwas glänzender) uniformartige Sakko trug wie die Mannen von Heinrich.
Es wirkte, als habe sich der Gralsritter vorher erkundigt, was derzeit
in Brabant und Umgebung in sei (Kostüme: Claudia HEINRIG).
In
der Titelrolle klang Ivar GILHUUS vielversprechend; bei jedem Auftritt
für ungefähr zwei oder drei Phrasen, die wortdeutlich und intelligent
dargeboten wurden. Dann jedoch verfiel der Sänger immer wieder in unsaubere
Intonation, was auf Überforderung mit dieser Partie hindeuten dürfte.
Zudem bewegte er sich alles andere als gewandt auf der Bühne. Man konnte
sich des Gefühls nicht erwehren, daß er sich in jedem Augenblick daran
zu erinnern versuchte, welchen Gang der Regisseur als nächstes vorgesehen
hatte. Brigitte BAUMA als Elsa hat eine Stimme wie ein Diamant; sie schneidet
auch Glas. In der Mittellage im mezzoforte gab es einige schöne runde
Töne, jedoch in der Höhe wurde die Stimme rasiermesserscharf, piano-Versuche
gingen ebenso daneben wie dramatische Ausbrüche.
Das
dunkle Paar war das schon von einer anderen Klasse. Zwar gelangen Ortrud
Margo WEISKAM ihre Schlußtöne nicht optimal, aber vorher war sie nicht
nur von einer traumwandlerischen Sicherheit in ihren dramatischen Ausbrüchen,
sondern es gelang ihr auch eine unterschwellige Bösartigkeit darzustellen.
Ihre Ortrud war allerdings mehr rächende Tochter als furchtbares Weib.
Ihr Gemahl war bei Ulf PAULSEN in sehr guten Händen. Der Sänger hatte
es nicht nötig, sich durch die Partie zu brüllen, wie man es häufig hört.
Er war beispielhaft wortdeutlich und insbesondere in der unteren Lage
sehr spannend timbriert. Lediglich in der oberen Lage könnte die Stimme
noch etwas mehr Klang entwickeln. Darstellerisch konnte er nicht nur bemerkenswert
gut mit einem Schwert umgehen, sondern bewies auch wieder die Richtigkeit
des Satzes: everybody loves a good villain.
König
Heinrich wurde von Vladimir MIAKOTINE in verbesserungsfähigem Deutsch
gesungen. Der noch junge Sänger besitzt eine beachtliche Baßstimme, die
er jedoch zu häufig forcierte. Die wahre Schönheit der Stimme kam immer
dann zum Vorschein, wenn er die Lautstärke etwas zurücknahm. Der Heerrufer
von Rainer WEISS sang mit flacher, klang- und timbreloser Stimme. Zudem
warf er sich bei jedem Einsatz in eine merkwürdige, unfreiwillig komische
Körperhaltung. Einen positiven Eindruck hinterließen die vier brabantischen
Edlen (Bruno GEBAUER, Michael KLEIN, Harald WITTKOP und Dejan BRKIC).
Dem
CHOR und EXTRACHOR DES LANDESTHEATER DETMOLD, verstärkt durch Mitglieder
von CORUSO e.V. fehlte es nicht an Engagement, jedoch an Sicherheit bei
der Tongebung. Es fielen dauernd, speziell bei den Herren, einzelne Stimmen
heraus, zeitweise schien sogar jeder selbst zu entscheiden, was er gerade
zu singen wünschte.
Das
ORCHESTER DES LANDESTHEATER DETMOLD ist ein merkwürdiger Fall. Dirigent
Erich WÄCHTER, der das Orchester immer sängerfreundlich leitete, entlockte
ihm sensible Phrasen, die wunderschön schwangen, die unter die Haut gingen.
Leider konnte das Orchester diesen Intensionen zwar vom Klang her, aber
technisch nicht vollständig folgen. Zuviel ging bei den Bläsern daneben.
Da hat der neue GMD noch eine Menge Arbeit vor sich. MK
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