Im
Jahr 1989 lud der SHMF-Chef Justus Frantz das hierzulande völlig unbekannte
Mariinsky-Theater aus St. Petersburg (das zu der Zeit noch das Kirov-Theater
aus Leningrad war) samt seinem ebenso unbekannten Chef Valery GERGIEV
im Rahmen des Festivals zu einem Gastspiel an die Hamburgische Staatsoper
ein. Seitdem ist der Russe eine der festen Größen im Schleswig-Holstein-Sommer,
die Auszeit, die er nahm, als Frantz hatte gehen müssen, blieb zeitlich
begrenzt. Einer der angeblichen Gründe für die Trennung von Frantz war
damals übrigens die zunehmende gefühlte Gleichzeitigkeit seiner Aktivitäten
und Auftritte - ein Vorwurf, über den man angesichts Gergievs Terminkalender
allenfalls noch milde lächeln kann....
Daß
eine derartige Quantität der Qualität nicht unbedingt förderlich ist,
bekam man leider zu hören. Das MARIINSKY THEATRE SYMPHONY ORCHESTRA lieferte
unter seinem Chef vor allem virtuose Routine, woran das Programm allerdings
nicht ganz unschuldig war. Rodion Schtschedrin walzt in seinem Konzert
für Orchester Nr. 1 "Freche Orchesterscherze" eine nette Idee für fünf
Minuten auf die dreifache Zeit in technisch ebenso anspruchsvoller wie
musikalisch letztlich anspruchsloser Manier aus; da ist rhythmisch exakte
Exekution gefordert, mehr kaum.
Und
auch die Sinfonischen Tänze op 45 von Sergej Rachmaninov dürften selbst
in einer klanglich raffinierteren Wiedergabe und mit besser disponierten
Holzbläsern heute nurmehr begrenztes Interesse hervorrufen.
So
lag das Hauptaugenmerk denn zwangsläufig auf der in Hamburg allzu selten
auftretenden Elina GARANCA, die mit den Berlioz'schen "Nuits d'été" obendrein
auch noch das bekannteste Werk des Abends hatte. Natürlich kann die Lettin
singen; eine große, schöne, in allen Lagen ausgeglichene und technisch
exzellent geführte Stimme. Aber sie ging über die - zweifellos geschmackvolle
- Vorführung des Organs kaum hinaus. Die kleinen Raffinessen, die gerade
im französischen Lied so wichtig sind, fehlten ebenso wie die unterschiedlichen
Farben.
Und
Gergiev nahm das Orchester mit einem recht verschwommenen Klangbild dermaßen
zurück, daß die Delikatesse der Instrumentierung verloren ging. So blieb
es denn eher "Star mit Begleitung" - "nice to hear", aber ohne größere
Bedeutung.
Mit
der zugegebenen "Baba Yaga" von Liadow zeigte Gergiev dann noch einmal,
was er und sein Orchester mit einem effektvollen Reißer anstellen können;
da bebt die Hütte - aber die Musik... HK
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