Auf
Empfehlung habe ich einen meiner Parisabende dem sonnigen Kalifornien
geopfert - es aber glücklicherweise nicht bereut. In der Karte ist außer
der Show nämlich auch noch gute Laune mit inbegriffen…
"Zorro"
basiert als Geschichte auf dem Roman Isabel Allendes, musikalisch größtenteils
auf Musik der Gipsy Kings unter Mithilfe John Camerons. Um es kurz zu
machen: Die Geschichte spielt im kleinen Pueblo Los Angeles und erzählt,
wie aus Diego de la Vega, den sein Vater auf die Militärakademie von Madrid
schickt, "el Zorro" wurde, und wie er, unterstützt von einer Zigeunertruppe
unter Joaquín und Inés, seine Jugendliebe Luisa gewinnt, seinen tyrannischen
Bruder Ramón stürzt und seinen Vater, Don Alejandro, wieder findet. Unter
den Musikstücken finden sich einige, die jedem Hin-und-wieder-Radiohörer
bekannt sein dürften, wie "Bamboleo", "Baíla me" und "Djoubi Djouba",
alle untermalt mit fröhlichen und ausgelassenen Tanzszenen. "Typische"
Musicallieder sind dabei deutlich in der Unterzahl.
Bunte
Kostüme (Tim PIPER), Tänzer, die offensichtlich viel Spaß an der Sache
haben, ein leicht ironischer Erzähler, sowie jede Menge Spezialeffekte,
Kampfszenen (Terry KING) und Zaubertricks (Paul KIEVE) sorgen für eine
insgesamt fröhliche Atmosphäre, die es schwer macht, die beiden tragischen
Szenen des Stückes wirklich ernst zu nehmen. Überhaupt dominieren die
Tanzszenen das ganze Stück, in dem es auffällig wenig Text gibt.
Das
ist auch gut so, da von diesem bißchen Text ein wiederum auffällig großer
Teil auf Spanisch ist - und während der Chor zwar zur Hälfte aus Spaniern
besteht, beherrscht bedauerlicherweise kaum einer der Hauptfiguren die
Sprache nur ansatzweise. Das Ergebnis sind einige leider völlig unverständliche
Lied- und auch Textpassagen.
Die
Musik bleibt dabei leider fast ein bißchen auf der Strecke. Eine wirklich
tolle Leistung von CHOR und BAND (von Orchester kann bei Gitarre, Bass,
Klavier und Schlagzeug wohl keine Rede sein) unter der Leitung von Daniel
GLET. Schön finde ich auch, daß sich bei der Zigeunertruppe immer ein
Gitarrist auf der Bühne befindet (Antonio CORTES).
Laurent
BÁN als Diego de la Vega alias Zorro bringt vor allem schauspielerisch
eine sehr schöne Leistung auf die Bühne. Besonders wenn er vor Ramón den
unfähigen Idioten spielt (hoffentlich sagt seine Begabung für diesen Part
der Rolle nicht allzu viel über den Sänger aus). Gesanglich ist er gut,
reißt mich aber nicht gerade vom Hocker.
Wesentlich
überzeugender ist da schon Georges BELLER als Don Alejandro de la Vega
und Joaquín, der Chef der Zigeunertruppe, der nebenbei auch noch als Erzähler
funktioniert. Sein Schauspiel ist recht ironisch; mit ziemlich trockenem
Tonfall serviert er uns seine sarkastischen Kommentare zur Handlung. Leider
trennt er seine beiden Rollen nicht wirklich, und ich verstehe sowieso
nicht, warum man diese beiden Rollen vom selben Sänger spielen lässt.
Erklärung, Frau Casting-Direktorin (Ashley HAUSSMANN)? Über seinen Gesang
fällt es mir schwer, detailliertere Aussagen zu machen, dazu fehlen die
Solostellen, aber was ich gehört habe, klang ziemlich gut.
Mit
Geraldine LARROSA als Inés, die zweite Anführerin der Zigeunertruppe,
ist es ähnlich. Auch sie spielt ausgezeichnet, tanzt gut (so weit ich
das beurteilen kann), hat aber eher wenig Gelegenheit auch noch ein sängerisches
Talent unter Beweis zu stellen.
Da
stellt sich eigentlich noch die Frage, warum sich Diego eigentlich für
Liza PASTOR als Luisa entscheidet. Ihr Spiel ist völlig übertrieben; sie
gestikuliert so stark, daß es einem Stummfilmschauspieler peinlich wäre.
Daß sie eher ungeschickt tanzt, gehört wohl noch zur Rolle, daß sie noch
ungeschickter singt, kann aber so auch nicht erklärt werden. Sie wechselt
ihren Gesangsstil zwischen Opernimitat mit dazugehörigem Vibrato und versuchter
Rockröhre. Zu diesem Stück paßt nur leider keins von beiden. Umso peinlicher,
da sie ja das Objekt der Begierde zweier Personen sein soll.
Der
zweite, Ramón, Diegos älterer Bruder, gespielt von Yan DUFFAS, ist dabei
der Überzeugendere der Beiden. Und das nicht nur, weil er im Gegensatz
zu Diego spanische Aussprache beherrscht. Ramón bezichtigt seinen Vater,
ihm zeitlebens den jüngeren Bruder vorgezogen zu haben (tun das nicht
eigentlich alle älteren Geschwister?) und nennt das als Grund für seinen
Hass gegen seinen Vater und Diego. Und, so alt und oft durchgekaut diese
Erklärung sein mag, so gelingt es ihm doch, sie noch mal glaubhaft erscheinen
zu lassen. Duffas wechselt in Sekundenschnelle vom hartherzigen Tyrannen
zum kleinen Jungen, der seinen Vater fast schon anfleht doch einmal Augen
für seine Errungenschaften zu haben. Das Ganze kombiniert mit extrem emotionsgeladenem
Gesang, ergibt den meiner Meinung nach besten Darsteller des Abends.
Bleibt
noch Benoît de GAULEJAC als der unfähige Sergente García, der an diesem
Abend für Comic Relief sorgt. Als solcher ist er auch absolut überzeugend,
leider kommt er ohne ein Lied auch nicht davon. Und dabei fällt nur zu
deutlich auf, dass Gaulejac eigentlich "nur" Schauspieler ist… Es sei
ihm aber, als Quelle so vieler Lachanfälle, verziehen.
Die
Inszenierung von Christopher RENSHAW setzt vor allem auf die erwähnten
bunten Kostüme und Spezialeffekte. Als Bühnenhintergrund dient eine hohe
Wand mit einigen Fenstern und Türen, stellenweise findet die Handlung
auch vor dem geschlossenen Vorhang statt. Sonst begnügt man sich mit vergleichsweise
spärlichen Andeutungen zum aktuellen Ort der Handlung. Das dabei gesparte
Geld wandert dafür in Rauchbomben, Akrobaten, aufwendige Kampfszenen und
Nebelmaschinen, wobei mich der großzügige Einsatz der Letzteren zwischenzeitlich
an versuchte Insektenvernichtung erinnerte.
Freunden
tiefgründiger Geschichten und schwerer Musik sei es angeraten, sich von
"Zorro" sehr weit entfernt zu halten. Doch als Gute-Laune-Paket kann ich
dieses Stück nur wärmstens weiter empfehlen. Olé! NG
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