Es
war eine ausgezeichnete Idee, im Rahmenprogramm zu "Béatrice et Bénédict"
zum Liebesgeplänkel Berlioz' einen "Vorgänger" zu zeigen. Eines der berühmtesten
Werke und relativ bekannten der Gattung streitbarer Liebe ist Monteverdis
"Il Combattimento di Tancredi e Clorinda". Dieses Madrigal nach "Gerusaleme
liberata" des Tasso beschreibt den Kampf zwischen den zwei Streitern,
bis der Christ Tancredi erkennt, daß der Moslem Clorinda eine Frau ist
und sich in sie verliebt, aber zu spät. Clorinda stirbt in Tancredis Armen
mit "S'apre il ciel: io vado in pace".
Der
Testo, der Erzähler, hat den Löwenanteil an der gesanglichen Darbietung,
und die Leistung ist sehr eindrucksvoll (der Sänger war nicht namentlich
genannt, vermutlich der ausgezeichnete Bariton Marc MAUILLON), während
die beiden Streiter nur wenig zu singen haben. Sehr interessant ist die
unterschiedliche instrumentale Behandlung der Begleitung, die schlagzeugartige
Verwendung der Streicher für die Stellen des Testo (spiccato oder pizzicato)
und die elegische legato Begleitung der beiden Streiter.
Vorher
wurde das kurze Madrigal "Or ch'el ciel e la terra?" auf ein Gedicht von
Petrarca vom ganzen Ensemble gesungen, das ebenfalls aus dem 8. Buch der
"Madrigali guerrieri e amorosi" stammt. Nach "Combattimento" folgte die
kurze Kantate "Lamento della Ninfa?" auf einen Text von Rinuccini aus
derselben Sammlung für drei und vier Stimmen.
In
einem kurzen orchestralen, sehr schönen Zwischenspiel von Giovanni Maria
Trabaci (ca.1575-1647), genannt "Consonanze stravaganti" konnten die Instrumentalisten
ihre individuellen Instrumente vorteilhaft zeigen.
Den
Abschluß des Abends war ein Schlager, Marazzolis Farsa "La Fiera di Farfa".
Der aus Parma stammende Marco Marazzoli (1602 -1662) wurde 1625 Priester
und stand in Rom im Dienst des Kardinals Barberini. Diese "La Fiera di
Farfa" schrieb er 1639 auf einen Text von Giulio Raspigliosi (Kardinal
und später kurz Papst als Clemens IX., 1667-1669) als Intermezzo für die
Oper "Che sofri speri" von Virgilio Mazzocchi, die zusammen im Palazzo
Barberini von Bernini (!) inszeniert wurden! Es ist das erste solche Opern-Intermezzo
in der Geschichte der Musik.
Es
handelt sich um eine äußerst amüsante musikalische Beschreibung eines
italienischen Marktes, wo sich die verschiedenen Händler unterhalten,
anschreien und streiten, bis es zu einem Kampf kommt und das Werk mit
einer Parodie des "Combattimento" von Monteverdi endet! Hier konnten die
Künstler des Ensembles sich "austoben", denn alle Sänger und auch die
Instrumentalisten kommen in kleinen Straßenszenen einzeln oder in kleinen
Gruppen zum Zug. Sehr zu empfehlen!
Die
Opéra comique hatte für das 90-Minuten Konzert eines der in frühbarocker
Musik spezialisierten Ensembles eingeladen, "Le Poème Harmonique" von
Vincent Dumestre. Dieser leitete abwechselnd sitzend und Theorbe spielend
das Konzert. Das Ensemble besteht aus hervorragenden Künstlern: zehn Sängern
und neun Instrumentalisten (zwei Violinen, Gambe, Lirone, Violone, Bassvioline,
Archiluth, Gitarre, Cembalo und Theorbe). Die Künstler wurden von dem
vollen Haus enthusiastisch gefeiert. wig.
P.S.:
Mit dem Abendzettel wurde der Text aller fünf Werke als zwanzigseitiges
zweisprachiges Heftchen gratis verteilt. Hervorragende Idee! Das Heftchen
war aber nicht verwendbar, weil es stockfinster im Saal war - wie in allen
Konzertsälen Frankreichs. Denn Konzerte werden, wie Opern, im Finstern
gegeben, und es ist unmöglich ein Konzert in einer Taschenpartitur zu
verfolgen oder den Text eines Oratoriums oder eines Liederabends mitzulesen…
Schade!
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