Die
Aufführung in der Bastille war die der schon öfters gesehenen Inszenierung
des Teams Laurent PELLY (Regie und Kostüme) und Chantal THOMAS (Bild).
Die beiden haben schon mehrere, sehr gelungene Übertragungen in die Jetztzeit
geliefert. Die Handlung ist ca. 1950 in Süd-Italien angesiedelt, denn
es gibt eine "Trattoria dell'incrocio" im 2.Akt, vor der Dulcamara mit
einem alten 10-t Laster auffährt, mit "Elisir Dulcamara" bemalt und zwei
auf der Heckwand montierten 100-l-Behältern seines Wundertranks. Die Seitenwände
werden aufgeklappt, um sein fahrendes "Laboratorium" zu zeigen. Die Jugend
des Dorfes benützt Fahrrad oder Vespa, und Adina kommt auf einem blaues
Moped, Nemorino fährt mit einem riesigen alten Traktor - Marke Massey-Ferguson
- vor, ein kleiner Hund läuft mehrmals vorne oder hinten quer über die
Bühne.
Die
beiden Eck-Akte spielen um und auf riesigen Pyramiden von hunderten Strohballen
mit einem mobilen Laufband auf Rädern. Nemorino belauert Adina oder schmollt
auf Niveau 13 der Strohballen oder vom Laufband. Die Kostüme sind eher
schäbig - eben 1950. Die vorzügliche Personenführung ist sehr flüssig
und unaufdringlich und die Beleuchtung von Joël ADAM süditalienisch sonnig.
Den Vorhang zieren alte Reklamen vom Beginn des 20. Jahrhunderts von Wundermitteln,
alle in "Elisir Dulcamara" verwandelt (gegen so ziemlich alle Leiden von
Hämorrhoiden über Haarschwund bis Impotenz). Alles großer Spaß!
Dazu
kam, daß der Abend musikalisch sehr erfreulich war. Denn diesmal stand
am Pult der wohl benamste Paolo ARRIVABENI "qu'e arrivato bene", denn
er wußte dem ORCHESTER DER OPÉRA NATIONAL DE PARIS die richtige schwungvolle
italianità mitzuteilen, die diese Oper Donizettis braucht, die der Meister
von Bergamo in knappen zwei Wochen komponiert hatte! Auch der von Alessandro
di STEFANO ausgezeichnet geprobte Chor sang und spielte vortrefflich.
Die
Sänger waren ausnahmslos ausgezeichnet. Diesmal sang Anna NETREBKO die
Adina und garantierte natürlich enormen Zulauf des Publikums, das nicht
enttäuscht wurde, denn sie war absolut fabelhaft, sang mit perfekter Technik
ihre Arien und spielte mit kecker Frische und sehr viel Temperament die
hochnäsige, reiche Pächterin. Die Lesung der Ballade "della cruella Isotta"
war bereits ein Traum an Ausdruck, Charme und gepflegtem Gesang. Ihr Nemorino
war diesmal Giuseppe FILIANOTTI, der einen sehr flexiblen tenore di grazia
mit prachtvoller Phrasierung besitzt und himmlisch singt, obwohl er bei
"Una furtiva lagrima" etwas nervös war. Er spielte die Rolle des jungen,
naiven Bauern mit sehr viel Verve und Temperament. Bei der Auseinandersetzung
im 2. Akt fliegen die Stühle über die Bühne, bis sich die beiden schließlich
in die Arme fallen.
Der
Sergeant Belcore in Carabinieri-Uniform war bei George PETÉAN in besten
Händen, der den "Zauber der Montur" spielen ließ und ausgezeichnet sang.
Hervorragend war das Duett mit Nemorino. Den "Dottore" Dulcamara in wein-rotem
Jackett wie sein Zaubertrank, sang diesmal ein ungewöhnlicher Gast, Paolo
GAVANELLI, den man eher als Nabucco, Jago oder Macbeth kennt. Was ihn
nicht störte eine fulminante Auftrittsarie "Udite, udite, rustici!" zu
singen, wo er sich ein paar hohe "G" einlegte. Seine Barcarole an Adina
war auch nicht von schlechten Eltern! Er spielte den geriebenen Gauner
völlig glaubhaft und bot ein Kabinettstück von Humor. Erfrischend war
auch der Auftritt von Jaël AZZARETTI als Ginetta, die charmant den Tod
von Nemorinos Onkels und die zu erwartende Erbschaft mit "Non fatte strepito"
den Mädchen des Dorfes als "großes Geheimnis" verkündete.
In
drei der sieben Vorstellungen dieser Aufführungsserie sangen in der 2.
Besetzung Tatiana Lisnic und Charles Castronovo das Liebespaar. Auch nicht
übel ….
Viel
Prominenz war anwesend und klatschte in dieser triumphal empfangenen Vorstellung.
wig.
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