"ARABELLA" - 19. Mai 2005

Die Wiederaufnahme der Produktion verdient den Namen „Traum-Arabella“ heute noch mehr als vor drei Jahren, denn die Sänger der drei Hauptrollen leben ihre Partien noch besser und intensiver.

Die Inszenierung war die gleiche wie vor drei Jahren. Hoffmannsthals bitter-süßes Requiem auf die Donau-Monarchie in die Entstehungszeit des Werks zu versetzen, ist durchaus vertretbar. Die Dekadenz der zwanziger Jahre ist dadurch unterstrichen, daß die Einheitsszene das Foyer eines ramponiertes Hotels ist (Bühnenbild Erich WONDER). Der Fiaker-Ball ist kein Nobelball, denn viele dubiose Gestalten (einschließlich Fiakermilli), treiben sich hier herum, Schieber und abgerüstete Aristokraten. Die beiden zum Ballsaal führenden Rolltreppen, sowie die schlängelnde, allerdings zu enge Stiege links im Vordergrund geben den richtigen Rahmen der Epoche.

Die eleganten Kostüme von Andrea SCHMIDT-FUTTERER betonen diese Dekadenz, ebenso wie die Beleuchtung von Alexander KOPPELMANN. Weshalb Peter MUSSBACHs Regie den großen Platz vor der Stiege wenig verwendet, ist nicht klar, wo viel zu viele Gaukler, als Hotelpersonal verkleidet, ständig herumlaufen. Weshalb sich die Duette zwischen Graf Waldner und seiner Frau Adelaide, bzw. zwischen Arabella und Zdenka statt im Foyer in acht Meter Höhe auf den beiden Absätzen der Rolltreppen abspielen müssen, ist unverständlich.

Strauss-Retter Günter NEUHOLD sprang wie im Vorjahr bei „Capriccio“ für den während der Proben erkrankten Christoph von Dohnányi ein (er pendelte dazu für „Lulu“-Proben zwischen Straßburg und Paris). Satter Strauss-Klang erklang aus dem Orchestergraben, wo das PHILHARMONIA ORCHESTRA spielte, ohne die vielen subtilen Details zu vernachlässigen. Es wäre langsam Zeit, daß Günter Neuhold nicht nur als „Aushilfe“ in Paris zu hören ist. Der CHOR DES THÉATRE DU CHÂTELET war von Christophe TALMONT neu einstudiert worden, der wacker seinen Mann (Frau) stand.

Thomas HAMPSON als Mandryka hat seine Stimme gestärkt, verbessert – wenn das überhaupt noch möglich ist - ohne je zu forcieren. Seine Erzählung von der Bärin, die ihm vier Rippen eingedrückt hat, glaubt man dem „halben Bauern“, denn das Haus bricht fast ein. Um gleich drauf „Das ist ein Fall von anderer Art“ mit Intensität des Ausdrucks wie ein Lied zu singen. Absolut hinreißend!

Karita MATTILAs Arabella ist ebenfalls gereifter, zwar weniger mädchenhaft, doch mit strahlender, sinnlicher Höhe und gehauchten pianissimi. Daß Strauss den Frauen immer die gute Rolle zugeschanzt hat, ist natürlich für die schöne Finnin ein großer Vorteil. Das ideale Liebespaar spielt mit großer Intensität und bei „Und Du wirst mein Gebieter sein“ sind viele Augen feucht geworden.

Barbara BONNEY war wieder Zdenka, eine tragische Figur in dieser abgerüsteten Gesellschaft. Als verkleideter Junge ist sie ebenso ergreifend, wie das verliebte junge Mädchen. Wenn sie „Matteo!“ ruft, geht ein ergriffenes Rauschen durchs Publikum. Auch sie ist stimmlich und darstellerisch gereifter. Die drei sind ein Dream-Team!

Die restliche Besetzung war neu, vom dominierenden Elternpaar Waldner angefangen. Andrew GREENAN als Vater Theodor ist ein wienerisches Original, perfekt als verarmter Rittmeister, der nur an seine Karten denkt und Arabella unter allen Umständen unter die Haube bringen will. Seine etwas hysterische Frau Adelaide war die hervorragende, entwaffnende Rosalind PLOWRIGHT, eine Luxus-Besetzung.

Stephan RÜGAMER als halluzinierender Matteo war ebenfalls stimmlich ausgezeichnet, aber in Lederkluft und mit zottigen Haaren entsprach er eher einem Hell’s Angel als einem k. & k. Leutnant. Die drei Verehrer Arabellas, die Grafen Elemer, Dominik und Lamoral waren mit Will HARTMANN, Robin ADAMS und Nicolas COURJAL sehr gut besetzt. Sie sangen ausgezeichnet und charakterisierten die drei Freier Marotten als individuelle Persönlichkeiten. Chantal PERRAUD sang gut die Koloraturen der Fiakermilli, und Doris LAMPRECHT als war Kartenaufschlägerin sehr passend dekadent.

Eine Sternstunde! wig.