Seit
vielen Jahren wurde Verdis „Trovatore“ in Paris nicht mehr gespielt. Die
letzte Inszenierung an der Pariser Oper fand vor dreißig Jahren statt.
Es wurde also Zeit eine der populärsten und flamboyantesten Opern Verdis
wieder in den Spielplan aufzunehmen. Die Bastille Oper hat gleich zwei
Serien mit Starbesetzungen aufgelegt, die zweite kommt im Frühjahr 2004.
Die
Inszenierung wurde der Meisterin der Bühnentechnik, Francesca ZAMBELLO,
anvertraut, die immer mit größter Begeisterung die Maschinerie der Bastille
in Bewegung setzt. Zambello versetzte die Handlung ins frühe 19. Jahrhunderts,
in die Zeit der Bürgerkriege der Carlisten, der frühindustriellen Revolution
und Goyas „Schrecken des Krieges“. Das Einheits-Bühnenbild von Maria BJÖRNSON
und Adrian LINFORD stellt eine Baustelle einer Eisenbahnbrücke dar, zwei
Geleise führen quer über die Bühne, links und rechts zwei turmartige Gestelle,
im Hintergrund ein Hügel.
Zu
Beginn trennt eine schräge Wand die Bühne, die je nach Bedarf wieder auftaucht,
zum Schluß aus Käfigen bestehend, in denen Manrico und Azucena schmachten.
Der Zigeunerchor spielt auf der angehobenen Eisenbahnbrücke, die von den
Zigeunern behämmert wird. Peter MUMFORD leuchtete die Szene passend aus.
Alle sind im Stil von ca. 1820 gekleidet, die Herren dunkel, Leonore in
weiß, Inez trägt ein hell grünes Kleid mit einem läppischen Hütchen (Kostüme
Sue WILMINGTON). Der Vorhang ist das Banner des Urgel-Clans, das bei Szenenbeginn,
nach hinten geklappt wird, ein riesiges rotes Kreuz auf braunem Hintergrund.
Die Szenerie als „schön“ zu bezeichnen, wäre übertrieben, aber das soll
sie ja auch nicht sein bei dieser Handlung voll grauenhafter Begebenheiten.
Musikalisch
war die Aufführung ausgezeichnet. Maestro Maurizio BENINI zelebrierte
ein wahres Fest der italianità, mit den passenden rubati ohne jegliche
Hetzerei. Das ORCHESTER war ganz bei der Sache und spielte mit Begeisterung.
Der CHOR unter Peter BURIAN war ebenso inspiriert und hämmerte fröhlich
auf der Brücke herum. Perfekt!
Das
Sängerquartett kann kaum sehr viel „besser“ sein. Sondra RAVANOVSKY, die
bereits in den „Vêpres siciliennes“ im Frühjahr Aufsehen erregt hatte,
spielte sich mit den Koloraturen und sang sehr innig. Bisweilen hatte
sie Callas-ähnliche Ausdrücke. Ihr Manrico war Roberto ALAGNA, der hyper-mediatisierte
französische Tenor, der in der Stretta die hohen „C“ in den Zuschauerraum
schmetterte, aber auch seinen Schmelz in der Arie „Ah! Si ben mio“ strömen
lies. Er hat sich abgewöhnt alles forte zu singen und machte seine Sache
bestens.
Roberto
SERVILE sprang für den angesagten Lado Atanelli ein und war kein schlechter
Tausch. Seine Arie „Il balen del suo soriso“ war von männlicher Ausdruckskraft.
Die finsterste Gestalt der Verdischen Opernwelt, Azucena, war bei Dolora
ZAJICK in besten Händen. Trotz Ihres etwas voluminösen Auftretens, sang
sie Ihre Rolle blendend. Sie mußte auch ein sehr peinliches Verhör über
sich ergehen lassen, wobei die Soldaten sich nicht scheuten, sie an ein
Rad der Kanone anzubinden und diese quer über die Bühne hinaus zu rollen
– mit der angebundenen Azucena.
Der
junge Bulgare Orlin ANASTASSOV als Ferrando sang ein sehr eindrucksvolles
Eingangslied mit prachtvollem Baß. Martine MAHÉ machte aus der undankbaren
Rolle der Inez eine gute Figur. Jean-Luc MAURETTE als Ruiz brachte die
schlechten Nachrichten, Denis AUBRY und Nicolas MARIE vervollständigten
die ausgezeichnete Besetzung.
Viel
Applaus für die Künstler, einige Buhrufe für die Inszenierung. wig.
|