Irina
BROOK stammt aus einer Theaterfamilie. Ihr Vater Peter Brook macht seit
Jahrzehnten interessante Inszenierungen in Paris (und auch anderswo),
die Schauspielerin Natasha Parry ist ihre Mutter. Irina Brook ist daher
„theatralisch vorbelastet“. Mit 18 schickte Papa Peter sie nach New York;
daher kennt sie die Atmosphäre der Stadt sehr gut.
Da
das Aschenputtel-Thema zeitlos ist und überall spielen kann, dachte Brook,
„Cenerentola“ in das italienische Viertel New Yorks „Little Italy“ zu
verlegen. Don Magnifico ist ein kleiner, pensionierter und heruntergekommener
Mafioso und hat das schwer verdiente Geld in die „Bar Magnifico“ (natürlich!)
investiert. Ramiro ist ein wohlhabender „young upward moving professional“
und wohnt in einem Penthouse in etwas neureichem Stil.
Brook
hatte als Komplizen Nöelle GINEFRI für die Szenografie und Sylvie MARIN-HYSZKA
für die Kostüme angeheuert. In nicht ganz funktionierenden Neonröhren
prangt „Bar Magnifico“ über der Theke. Das obligate Mobilar einer italienischen
Bar (Espresso-Maschine, Fruchtpresse, Barhocker, Tische etc.) ist mit
allen Gemeinplätzen der italienischen Emigranten-Nostalgie vervollständigt:
Venedig-Plakat, italienische Illustrierte, Fotos italienischer Fußballmannschaften
(Magnifico trägt ein Trikot von „Juventus“), der obligate schwarz-weiß-Fernseher
ist auf italienische Fußballmatchs fest eingestellt, Fußballpokale, eine
Schnür-Tür und Neonleuchten.
Ramiros
Penthouse ist sehr teuer, ganz in weiß dekoriert, mit Designmöbeln der
60er Jahre, einem „stilvollen“ Staubsauger und einem riesigen Panoramafenster,
auf das alle möglichen Dinge projiziert werden, Stadtpläne oder die Skyline
des nächtlichen New York, ein Rosenherz, die beiden sich schminkenden
Schwestern, der Auftritt der verschleierten Angelina im 2. Akt, Champagner-Blasen
und am Schluß: „The End“ wie in alten Hollywood Filmen. Zwei riesige graue
Damenschuhe thronen im Hintergrund (dieser Seitenblick auf Perrault ist
nicht nötig gewesen, da Rossinis Librettist Jacopo Ferretti ja die Schuhe
durch zwei gleiche Armreifen ersetzt hatte). Die blendende Beleuchtung
von Zerlina HUGHES und die amerikanisierende „swingende“ Choreographie
von Cécile BON waren komplementär. In diesem ungewöhnlichen Dekor führte
Irina Brook die ausgezeichnete Sängerschar – alle Spezialisten dieses
Repertoires – humorvoll mit leichter Hand.
Vivica
GENAUX (aus Alaska!) als Angelina war stimmlich absolut perfekt, sie meisterte
die atemberaubenden Koloraturen mit Leichtigkeit und stupender Technik.
Sie ist bildschön und spielt sehr amüsant und ist eine Augen- und Ohrenweide.
Der neureiche Ramiro war Paul Austin KELLY, der sportlicher Ami in Jeans
und Blazer. Er verwendet außerdem seine schöne Tenorino- Stimme bestens
und amüsiert sich sichtlich.
Carla
DI CENSO und Nidia PALACIOS waren die beiden unausstehlichen Schwestern,
Clorinda und Tisbe. Sie waren perfekt als verwöhnte, dumme Gänse, die
nach der Morgengymnastik am Fernsehen, sich dauernd frisieren oder schminken.
Alessandro CORBELLI war Don Magnifico, der Vater der drei jungen Damen,
ein Spezialist des Rossinischen Belcanto. Er singt und spielt den verbürgerten
Haustyrannen und Barbesitzer absolut umwerfend. Ebenso hinreißend war
Pietro SPAGNOLI als Dandini, der im Stadtpelz den verkleideten Prinzen
als perfekten Playboy spielte. Er singt göttlich, und die beiden Schwestern
reißen sich natürlich um ihm.
Ildebrando
d’ARCHANGELO hat den prädestinierten Namen für Alidoro, den Schutzengel
der armen Angelina. In weißem oder schwarzem Frack (mit weißen Schwanenflügeln!)
oder als New Yorker Polizist (!) schreitet Alidoro ein, der Drahtzieher
und Deus ex machina, bisweilen mit „slapstick humor“. Er verwendet seinen
gut tragenden Baß mit Geschmack und Kunst.
Die
Musiker des CONCERTO KÖLN waren für Rossini „verborgt“ und amüsierten
sich dabei bestens. Evelino PIDÒ, der Spezialist für italienischen Romantik,
führte die ganze vergnügte Truppe mit souveräner Maestria. Ebenso blendend
waren die extra engagierten sechzehn jungen Männer des CHOEUR DU THÉATRE
DES CHAMPS ELYSÉES, die in phantastischen, sehr bunten Kostümen sangen
und tanzten.
Die
auf der Bühne herrschende gute Laune sprang oft auf den Zuschauerraum
über, wo das Publikum aus vollem Hals lachte und mit tosendem Beifall
alle Künstler feierte. Ein absolut perfekter Abend! wig.
|