Die
Inszenierung beginnt mit einem Theaterzitat. Denn wie die Großmutter mit
der gebeugten Erendira die Bühne betritt, gleichen sie Pozzo und Lucky
in „Warten auf Godot“ bis aufs Haar. Und sofort sind die Verhältnisse
klar. Die Großmutter in draller roter Korsage und vergangener Hurenpracht
beherrscht ihre Enkelin im weißen Kleidchen total. Diese muß schuften
bis zum Umfallen und trägt ein medizinisches Korsett und Kniestützen ,
um sich überhaupt aufrecht halten zu können.
Mascha
PÖRZGEN inszeniert Violeta Dinescus Oper nach einer Novelle von Gabriel
García Márquez in symbolträchtigen Bildern (Bühne und Kostüme: Cordelia
MATTHES). Der eher steril weiß-graue Raum ist mit großen Spitzen gespickt,
die aus Boden und Wänden in die Luft ragen, und jede Bewegung bestimmen
und einschränken. Zunächst sind diese Spitzen zwar noch mit Blumen verziert,
aber nachdem durch Erendiras Schuld das Haus der Großmutter abgebrannt
ist, und ihr Leidensweg in die Prostitution beginnt, ist es auch damit
vorbei.
Erst
als die Großmutter bereits großen Reichtum in Form von vielen Lagen üppiger
Kleidung angesammelt hat, taucht der ebenfalls in weiß gekleidete Jüngling
Ulysses auf, durch dessen Liebe eine Rettung möglich scheint. Nach einem
gescheiterten Versuch mit vergifteter Torte, die die Großmutter nur zu
munteren Tänzen animiert , gelingt es Ulysses nach verbittertem Kampf,
die Peinigerin zu töten. Erendira ist frei, aber am Ende der Aufführung
hockt sie bloß auf dem Sessel in zögernder Lähmung, während der Text im
Hintergrund von ihrem schnellen Lauf gegen den Wind berichtet. Kann Lucky
sich befreien?
Zentrum
der Aufführung ist Christina ASCHER als Großmutter. Mit ihrer vollen kehligen
Stimme und großer Präsenz beherrscht sie die Szene, um die erst immerzu
müde, dann immer mehr aufblühende, aber handlungsunfähige Erendira von
Anja METZGER, die das kindliche der Figur glaubhaft darstellt.
Paul
BRADY als Held Ulysses bleibt gegenüber den Damen sowohl stimmlich als
auch in seiner Retterrolle etwas blaß und konsequenterweise am Ende erdrückt
von der toten Großmutter am Boden liegen. Die Nebenrollen sind mit Solisten
des Oldenburger Opernchors durchweg hervorragend besetzt. Hut ab vor Alwin
KÖLBLINGER, Brian JOYCE, Toshihiko MATSUI, Anthony GARDNER, Marit RISNES
und Ute BINIAß.
Eric
SOLÉN dirigiert das siebzehnköpfige, sichtbar hinter der Bühne platzierte,
solistisch geführte Orchester mit großer Präzision. Man kann sich der
in Oldenburg lebenden Komponistin nur anschließen, die sehr angetan war
von dieser Produktion. Kerstin Schröder
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