„HOFFMANNS ERZÄHLUNGEN “ - 14. Juni 2003

Viele Menschen bevölkern das Fest, auf dem Hoffmann seine Geschichte von Klein Zack in Manier eines französischen Chansonniers zum Besten gibt. Da sind z. B. Andy Warhol, John Lennon mit Yoko oder Onassis in Begleitung von Jackie Kennedy. Und nach diesem Auftakt ist klar, daß der Abend sehr heterogen werden wird, wo sich schon hier der Zusammenhang nicht erschließt.

Regisseur Philipp KOCHHEIM geht noch weiter. Daß er sich für die Fassung mit den 1998 uraufgeführten zusätzlichen 144 Takten des Giulietta-Aktes entscheidet, dagegen spricht natürlich nichts. Darüber hinaus entscheidet er sich für die Reihenfolge Antonia, Olympia, Giulietta und deutet damit Olympia nach dem Verlust der großen Liebe, als gen-manipulierten Klon Antonias. Mit dem Mord im Giulietta-Akt ist dann der stete Abstieg des Dichters perfekt. Die Liebesgeschichten als Stationen des Verfalls zu deuten, macht erzähltechnisch Sinn.

Zu Beginn also Antonia, sehr schön, wenn auch etwas hart gesungen von Anja METZGER, lebt in einer Welt voller Puppen, mit denen ihr Vater (Fritz VITU) sie hilflos und vergeblich vom Singen und von Hoffmann ablenken will. Dr. Mirakel (Henry KIICHLI), oder war es Jacques Offenbach (?), hat da leichtes Spiel. Sehr schön ist hier der Auftritt von Frantz (Martin KOCH), der als Pennäler mit Brille und kariertem Pullunder sich in Selbstmitleid ergießt.

In Spalanzani (Joachim SIEMANN) begegnen wir einem abgedrehten Schönheitschirurgen auf PR-Tour. Seine Olympia wird im gefließten OP-Saal präsentiert, wie auf einer Messe mit Stehempfang. Allerdings mit wunderbar innigem Sopran gesungen von Elena FINK.

Giulietta hingegen residiert im Mafia-Milieu der zwanziger, dreißiger Jahre. Hier wird alles aufgefahren, von den dunklen Sonnenbrillen bis zum Maschinengewehr im Geigenkasten. Und so gerät der Akt, nicht zuletzt durch das wilde Herumgehüpfe von Pitichinaccio (wiederum Martin Koch) etwas aus den Fugen. Als ruhender Pol steht Giulietta über allem. Für die verletzte Marcia PARKS war Natalie BOISSY eingesprungen, die die Rolle vom Münchner Gärtnerplatztheater aufs Beste kennt.

Am Schluß bleibt es dann der geduldig wartenden Muse (Alexia BASILE) überlassen, ihren Dichter von den Richtern in den dunklen Mänteln, wegzuführen. Apropos Dichter: Markus PETSCH als Hoffmann war sowohl darstellerisch wie auch sängerisch ein großer Genuß.

Zum eher zerfaserten Gesamteindruck trug an diesem Abend leider auch Eric SOLÉN am Pult bei, der oft genug Bühne und ORCHESTER nicht zusammenhalten konnte. Kerstin Schröder