Und
man traf die meisten wieder auf der Bühne - die besten Rossini-Interpreten
der Weltbühnen - alle Pesaro erprobt und daher gibt es wohl wenige andere,
die die Kompositionen des Belcantokönners Giachino Rossini so meisterhaft
interpretieren können.
Dazu
konnten sie alle in einer spritzigen Inszenierung von Christoph LOY mit
vielen witzigen Regie-Einfällen ihr großes Können zeigen, die von Anfang
an durchdacht und ansprechend, zur Freude des Publikums herüber kam. Christoph
Loy stellte die Geschichte eines laufend betrogenen Ehemanns (eine Paraderolle
für den darstellerisch und stimmlich perfekten Rossini-Bariton Renato
GIROLAMI) in die Zeit der fünfziger Jahre auf die Bühne, verlegte die
Handlung in eine süditalienische Kleinstadt am Meer, und hatte den glänzenden
Regie-Einfall, den einreisenden türkischen Pascha Selim mit seinem Faktotum
(in einer stummen Rolle Airton FEUCHTNER-DANTAS) auf einen fliegenden
Teppich zu setzen. Im Libretto von Felice Romani sollte es ein Schiff
sein, aber diese andere Einreise nach Italien war belustigend und störte
keineswegs.
Schon
nach der Rossini-gerecht dirigierten Overtüre - musikalische Leitung Paolo
ARRIVABENI - in der wieder die vom Komponisten erdachten Bläsersoli herausragten
- kamen aus einem Kleinst-Wohnwagen der damaligen Campingmode die CHORSÄNGER
heraus, die durch diese humoristische Regie-Idee schon allein für Stimmung
sorgten (sehr gute Choreinstudierung von Stellario FAGONE). Das Bühnenbild
und die Kostüme von Herbert MURAUER vermittelten diese Zeit der fünfzger
Jahre, in der Gott und die Welt nach Italien reiste.
In
der Reihenfolge des Programmheftes ist der "Türke" Pascha Selim von Alex
ESPOSITO zu erwähnen, der diesen Lieberserfahrung in Italien Suchenden
gut stimmlich verkörpern konnte. Antonino SIRAGUSA als der Teenager-Hausfreund
der Fiorilla konnte seine Tenorarien Rossini-erprobt zum Publikum bringen,
dazu Nikoley BORCHEV als Poet Prosdocimo, der sich für die Handlung des
Stücks verantwortlich zeigte, und der selbst mit eingegipsten Gliedern
noch äußerst beweglich und quirrlig seine Rolle interpretierte.
Für
die Zaida, die verlassene Geliebte des Pascha, war Marzia MARZO eine gute
Wahl, beschützt von Petr NEKORANEE in der Kleinstrolle des Albazar. Das
Augenmerk in dieser Aufführung ist auf die Interpretation der Fiorilla
von Olga PERETYATKO zu richten. Diese Sopranistin der Weltklasse ist gerade
für Rossini-Partien ein Gewinn für jedes Opernhaus, ihre höhensicheren
piani, die sie gerade in der letzten Arie der Fiorilla, in der diese Reue
und Treue ihrem Ehemann gelobt, der sie wegen ihrer notorischen Untreue
vor die Tür setzte, zeigen konnte, sind für Belcanto-Opern geradezu prädestiniert.
In dieser letzten Arie, die den Übergang von einer opera comique in eine
opera seria aufweist, zeigt sie dazu eine ungewöhnliche Ausdrucksstärke.
Brava. Man wünscht sich diese Künstlerin in Belcanto-Partien sehr oft
an die Bayerische Staatsoper engagiert.
Alle
Interpreten zeigten dazu noch eine außergewöhnliche Spielharmonie (zum
Schluß des 1. Aktes bei der turbulenten Massenszene), alle waren aufeinander
eingespielt. Für Rossini-Kenner und Liebhaber ein unvergeßlicher Belcanto-Abend.
I.St.
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