"Von
Reformen, ganz enormen, träumen wir am Bosperus". Dieser Slogan, abgedruckt
im Programmheft des Abends, ist für diese Operette von Leo Fall äußerst
zutreffend. Die Komposition von Leo Fall mit dem Libretto von Julius Brammer
und Alfred Grünwald zeigt schon im Jahre 1916 - Zeitpunkt der Uraufführung-
die Probleme zwischen Orient und Okzident auf, die allgegenwärtig sind.
Mädchen werden hier ohne den Bräutigam überhaupt zu kennen mit diesem
verheiratet, in den Harem kann man nur gelangen, wenn man sich als Frau
verkleidet, und doch finden Frauen immer wieder Gelegenheit, doch an den
Mann ihres Herzens zu gelangen. Wie dies zu geschehen hat, erzählte uns
Leo Fall mit den uns immer wieder zu Herzen gehenden zündenden Melodien
("Ein Walzer muß es sein", "Ach sag'doch Schnuggi zu mir", "Oh Rose von
Stambul nur Du allein") zusammen mit seinen Librettisten.
Dieses
Werk ist leider auf Bühnen selten zu sehen, wahrscheinlich nahm Ulf SCHIRMER
mit dem MÜNCHNER RUNDFUNKORCHESTER deshalb dieses wenigstens konzertant
ins Programm und vermittelte dadurch wieder einmal einen vergnüglichen
nostalgischen Operetten-Abend.
Dafür
hatte er sich erlesene Gesangs- und Darstellungsinterpreten erwählt. In
der Titelpartie (Kondja Gül, die sich in einen Romanautor verliebt, der
aber zugleich ihr zukünftiger Bräutigam ist) erlebte man wieder perfekt
in Höhe und Ausdruck, was schon ihre Auftrittsarie bewies, die Sopranistin
Kristiane KAISER, ihr zur Seite als Achmed Bey und zugleich als Dichter
André Levy den Tenor Mattias KLINK, der sich in den Gesangseinlagen meist
in Knieposition befand und dadurch seinen Part leider abwertete.
Magdalena
HINTERDOBLER und Andreas WINKLER glänzten als Buffo-Paar Midili und Fridolin
Müller, beide holten gerade in dieser konzertanten Form aus ihren Rollen
nicht nur gesanglich das Äußerste heraus, besonders konnte Andreas Winkler
in einer kurzen Persiflage als Conchita Wurst das Publikum begeistern.
In
den weiteren kleineren Gesangs- und Sprechrollen wie Eleonora VACCHI als
Dienerin, Hanne WEBER als Zirkassische Dienerin, Christof HARTKOPF als
Kamek Pascha, Wolfgang KLOSE als Müller senior stach besonders Michael
GLANTSCHNIG als dichtender Direktor des Hotels "Zu den drei Flitterwochen"
hervor.
Der
CHOR DES BAYERISCHEN RUNDFUNKs, diesmal unter der guten Einstudierung
von Stellario FAGONE, tat im 1. Teil vor der Pause wieder sein bestes
zum Gelingen eines melodienreichen nostalgischen Abends. I.St.
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