Ohne
Lebkuchenromantik, Engelerscheinungen und belustigenden Hexenritt kam
dieses Weihnachtsmärchen der Gebrüder Grimm äußerst realistisch auf die
Bühne der Bayerischen Staatsoper. "Es geht um Essen - um die Abwesenheit
oder den Überfluß von Essen" so erklärte der Regisseur Richard JONES schon
im PProgrammheft seine Inszenierungs-Idee, die er bereits mit der Welsh
National Opera in Cardiff so verwirklicht hat, und die so auch von der
Bayerischen Staatsoper übernommen wurde.
Er
siedelte das Stück in der deutschen Nachkriegszeit an -Schwarzhandel und
stets leere Kühlschränke waren die Tagesordnung - und mit Besenbinden
war schon seit Hunderten von Jahren wenig Geld zu machen, um für den nötigen
Lebensunterhalt einer Familie zu sorgen. Nach dieser ersten Einführung
in das kommende Handlungsgeschehen (1. Bild) fand man die beiden Hauptprotagonisten
in einer Wald-Traumkulisse wieder, wo selbst die Beeren bei Phantasie-Gestalten
gefunden wurden, und wo wiederum statt Traumengelsgestalten Köche mit
einer überfüllten Tafel die Kinder im Traum satt machten, so daß sie zwangsläufig
zu der Hexe (einer alten Frauengestalt des 20. Jahrhunderts ohne Kopftuch,
Stock und Buckelhöker) finden mußten, die in einer überfüllten Küche die
hungrigen Kinder durch ihre Kochkünste becircte. Für die Bühne und die
passenden Kostüme sorgte einfügend in die Inszenierungsidee von Richard
Jones John MACFARLANE.
In
den Hauptrollen sah man eine für diese Hosenpartien hervorragend geeignete
Tara ERRAUGHT als Hänsel, deren heller Mezzo und ihr schauspielerisches
Können an diesem Abend überragend war, ebenso Hanna Elisabeth MÜLLER als
Gretel, deren perfekt geschulter Sopran ungewöhnlich ausdrucksbetont ihrem
Bruder Hänsel nichts schuldig blieb. Eine Traumbesetzung für diese beiden
Rollen.
Wolfgang
ABLINGER-SPERRHACKE als Hexe konnte diese Figur stimmlich und darstellerisch
sehr gut zeichnen, der Besenbinder von Markus EICHE siedelte diese seine
Partie in vielen Passagen öfter mal bei Richard Wagner an, während Sabine
HOGRAFE die Mutter sehr gut zeichnen konnte.
Das
Sandmännchen von Yulia SOKOLIK kam durch die bewegliche Puppenfigur desselben
an ihrem Kostüm beim Publikum sehr gut an, ebenso fügte sich das Taumännchen
von Elsa BENOIT sehr schön ein. Beide übernahmen auch noch die Echos,
dazu gesellten sich Maria CELENG, Agnes PREIS und Rachel WILSON.
KINDERCHOR
und STATISTERIE DER BAYERISCHEN STAATSOPER waren durch Stellario FAGONE,
Linda DOBELL und Anjali MEHRA hervorragend einstudiert und choreographiert.
Ein modernes realistisches Märchen - nicht nach Gebrüder Grimm - kam da
auf die Bühne, was aber Toms HANUS durch seine hervorragende Stabfühung
zusammen mit dem BAYERISCHEN STAATSORCHESTER voll ausgleichen konnte,
hier war schon mit der Ouvertüre eine vermißte märchenhafte romantische
Atmosphäre geschaffen, in der sich Kinder und Erwachsene einfach gerade
in den Weihnachtstagen wohlfühlen. I.St.
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