Mit
Giuseppe Verdis Frühwerk, konzertant aufgeführt, leistete Vita e Voce
seinen Beitrag zum beginnenden Verdi-Jahr und bescherte damit dem Münchner
Opernpublikum einen kaum zu überbietenden Stimmengenuß, zumal das Werk
in München überhaupt noch nie zu hören und zu sehen war. Die in Arien,
Duetten und Terzetten dem Belcanto-Stil Donizettis angelehnte Opernkomposition
mit vielen musikalischen Höhepunkten läßt dazu noch einige spätere Kompositionen
des großen Italieners anklingen, und nicht nur instrumental die Romantik
der Lagunenstadt Venedig durch einen von Verdi sinnvoll erdachten "Lagunenwalzer"
erkennen.
Giuseppe
Verdi holte sich für das Libretto den bewährten Francesco Maria Piave,
der die historische Geschichte des Dogen Francesco Foscari zum Inhalt
nahm, dessen letzter 4. Sohn Jacopo fälschlich wieder mal durch Intrigen
eines Neiders als Mörder bezichtigt und nach Kreta in die Verbannung durch
den Rat der Zehn, dessen Vorsitz sein Vater als Doge innehatte, trotz
Wiederaufnahmeverfahren verurteilt wurde, was nicht nur ihm, sondern auch
seinem Vater, dem alten Dogen, entmachtet das Herz brach. Die Familie
der Foscari war mit dem Tod der Due Foscari ausgelöscht.
Dem
Jacopo Foscari hatte der Librettist Piave die Figur seiner Ehefrau Lucrezia
Contarini zugesellt, die als Fürbitterin um die Freilassung ihres Ehemannes
immer wieder mit herausragend komponierten Sopranarien auftritt, und für
diese man eine hervorragend disponierte und Koloraturen beherrschende
Sopranistin braucht. In dieser Rolle feierte das Stimmwunder und hauptsächlich
für Barock-Musik-Interpretationen bekannte Simone KERMES einen abendlichen
Triumph. Ihre Koloraturen und ihre Sopranhöhe sind geradezu prädestiniert
für diese Partie, zumal diese Stimme hervorragend geschult und deshalb
mit einer perfekten Stimmtechnik ausgestattet ist. Mühelos schafft sie
die vorgeschriebenen Sopranhöhen und die Stimmverzierungen dieser Partie,
zumal sie, wie bekannt wurde, wegen Erkrankung nur wenig Proben durchführen
konnte. Man hofft, sie nach diesem konzertanten München-Debüt einmal auch
auf der Bühne der Bayerischen Staatsoper zu sehen. Aber, könnte man sie
dann darin in ihrer extravaganten und trotzdem vorteilhaften Auftrittsgarderobe
bewundern?
Als
ihren unglücklichen Ehemann Jacopo Foscari beeindruckte der Tenor Arturo
CHACÓN CRUZ, dessen drei Arien kaum differenzierter und höhensicherer
gesungen werden konnten, besonders beeindruckte er in der letzten Traumvision
im Gefängnis durch enorme Ausdrucksstärke, die besonders bei konzertanten
Aufführungen wichtig ist. Als Fracesco Foscari, dem alten schicksalsgeprüften
Dogen, konnte wieder einmal Paolo GAVANELLI punkten. Seine Todesszene
am Schluß der Oper sang er mit seinen berühmten piani äußerst präzise
und eindrucksvoll, das Publikum dankte ihm mit stehenden Ovationen.
Der
Intrigant Jacopo Loredano wurde von Daniel KOTLINSKI ausreichend gesungen,
ebenso die kleineren Rollen wie die des Senators Barbarigo (Alessandro
LUCIANO), der Vertrauten Pisana (Ethel MERHAUT), des Dieners Fante (Dean
POWER) und des Dieners des Dogen (Michael MANTAJ) waren stimmlich ausreichend
besetzt.
Besonders
Erwähnung finden muß der MÜNCHENER OPERNCHOR unter der Leitung von Andreas
HERRMANN, wo besonders die Männerstimmen in den Chorszenen ihr Können
zeigen konnten. Massimiliano MURRALI leitete das MÜNCHENER OPERNORCHESTER
mit präzisem einfühlsamen Dirigatstil und sorgte damit für eine sehr gute
Sängeruntermalung. Ein Abend der Sonderklasse für die Freunde italienischer
Oper. I.St.
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